"Krone"-Kolumnist Michael Jeannée wurde zensuriert - und ließ „Teil 2" folgen.
„Fatale Rechtskurve", lautet eine kleine Überschrift auf Seite 16 der Donnerstag-„Krone". Gilt sie nur einem Unfall in Niederösterreich - oder vielleicht auch, als Seitenhieb, einem auf derselben Seite schreibenden Kollegen? Neben dieser Meldung nämlich verkündet der altgediente Kolumnist der „Kronen Zeitung" Michael Jeannée seine Liebe zum deutschen Fußball, die auch eine Liebe zu den „deutschen Tugenden in elf deutschen Sportlern" sei. Sein Text ist die trotzige Rechtfertigung einer zwei Tage davor erschienenen Kolumne, die für Kollegen eine eindeutig zu arge „Rechtskurve" war und eine Kollision in der Redaktion verursachte. In der Dienstagausgabe der „Krone" hatte Jeannée der „Bild"-Zeitung quasi Defätismus vorgeworfen, weil sie vor dem WM-Semifinale Deutschland gegen Brasilien den möglichen Sieg der Deutschen „hinterhältig relativiert" habe.
Er schloss eine Liebeserklärung an den „deutschen Fußball" an, in der er unter anderem mit „Jogi, Jogi über alles, über alles in der Welt" die Zeile „Deutschland, Deutschland über alles" aus der ersten Strophe des „Lieds der Deutschen" (von dem seit 1952 nur die dritte Strophe als Hymne gesungen wird) variierte und die „deutschen Tugenden in elf deutschen Sportlern" lobte. Das Ende der Kolumne lautete „Heute die Brasilianer und morgen die ganze Fußballwelt. Mit einem Endspielsieg in Rio". Das ist offenbar eine Anspielung auf den „Endsieg" und das SA-Lied „Es zittern die morschen Knochen". (In diesem heißt es: „Denn heute gehört uns Deutschland. Und morgen die ganze Welt.") Dieser Schluss war nur in der Abendausgabe zu lesen - die Redaktion strich ihn über Nacht.
Statt „Endspielsieg" der „totale Sieg"
Nun hat Jeannée in der Donnerstagausgabe mit „Lieber Jogi Löw (Teil 2 aus aktuellem Anlass)" reagiert: Er hat seine Kolumne nochmals ähnlich geschrieben, aber ohne den zensurierten Schluss. Statt „Endspielsieg" ist außerdem von „Endspiel" und „totalem 7:1-Sieg" die Rede, die „deutschen Tugenden in elf deutschen Sportlern" sind geblieben. Wenn er „Jogi, Jogi, über alles, über alles in der Welt" schreibe, meine er nur den deutschen Fußball, versichert Jeannée und schließt mit „Ende der Debatte". Ob seine Kollegen das auch so sehen - oder doch als allzu „fatale Rechtskurve" mit unvermeidlichem Zusammenstoß?
(sim)