Klima

Atomuntersuchung von Kräutertee

Helmut Burtscher-Schaden, einer der Organisatoren der Europäischen Bürgerinitiative „Bienen und Bauern retten“.
Helmut Burtscher-Schaden, einer der Organisatoren der Europäischen Bürgerinitiative „Bienen und Bauern retten“.Christopher Glanzl
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Die Unterstützung von 1,1 Millionen Menschen beim Schutz von Bienen und Bauern und für eine klimaverträgliche Landwirtschaft hat Helmut Burtscher-Schaden mit-organisiert.


„Bienen und Bauern retten“ – nicht mehr und nicht weniger wollte Helmut Burtscher-Schaden erreichen. Ob ihm das gelungen ist, wird erst die Zukunft beantworten, aber ein Erfolg kann ihm nicht genommen werden: Das Thema stark auf die internationale Agenda gebracht zu haben.

Konkret ist ihm das mit einer Europäischen Bürgerinitiative (EBI) gelungen, die er – mit sieben Überzeugten aus anderen EU-Mitgliedsländern - im Herbst 2019 gestartet hatte. Aufgrund der Pandemie wurde die Ein-Jahres-Frist von der EU für alle EBIs sukzessive verlängert. In den darauffolgenden 24 Monaten gelang es, mehr als 1,1 Millionen Europäerinnen vom Anliegen zu überzeugen. Das da lautet: schrittweiser Ausstieg aus synthetischen Pestiziden, Maßnahmen zur Erholung der Biodiversität, schließlich die Unterstützung von Bäuerinnen und Bauern, die eine Landwirtschaft ohne Gift wollen.

Konkret geht es darum, das Bienensterben zu bremsen und zu stoppen und gleichzeitig auf den Bauernhöfen einen anderen Weg als den der industriellen Landwirtschaft zu stärken. Dabei ging – und geht – es darum, dass die Rahmenbedingungen so verändert werden, dass Landwirte ihre Höfe nicht aufgeben. Das so genannte „Höfesterben“ betrifft vor allem die Kleinst- und Kleinbauern – jene Gruppe, die Landwirtschaft am nachhaltigsten betreibt.

Dabei geht es nicht nur um Lebensmittel und Landwirtschaft. Es geht auch um das Klima – die Landwirtschaft ist ein wesentlicher Belastungsfaktor für das Weltklima. Je nachhaltiger sie betrieben wird, desto klimaschonender ist sie.

Im Jänner 2023 argumentierte unter anderem Burtscher-Schaden im EU-Parlament die Eckpfeiler der EBI. Das Anliegen ist in der Öffentlichkeit angekommen. Ob es umgesetzt wird, bleibt abzuwarten: Teilerfolge gibt es: Etwa bei Zulassungsverfahren von Pestiziden, wenn Konzerne nun gezwungen sind, bei fachlichen Unterlagen mehr Transparenz an den Tag zu legen.

Es hätte alles anders kommen können. Theoretisch jedenfalls. In der Praxis wohl eher nicht. Denn für Helmut Burtscher-Schaden, der Mitte der 1960er Jahre in Vorarlberg geboren worden ist, hatte eine Eigenschaft schon immer einen hohen Stellenwert: die Offenheit. Und die ist nicht unbedingt förderlich, wenn man eine Karriere in einem Industrieunternehmen einschlagen will.

Schattenseite der Chemie

Um zu studieren ist er nach Wien übersiedelt und hat hier an der Technischen Universität immatrikuliert. Er hat sich in die Chemie, Biochemie und Lebensmitteltechnologie gekniet und das Studium 1996 mit der Diplomarbeit abgeschlossen. Thema: „Untersuchung von Spurenelementen in Kräutertee mittels Atomabsorptionsspektrophotometrie“. Prägend sollten für ihn allerdings die anschließenden drei Jahre werden: Er legte 2000 die Dissertation am Institut für Immunologie der Medizinischen Universität Wien ab, übrigens mit Auszeichnung. Sein Diss.-Thema: „Transendothelale Migration von Monozyten in der Diabetes-assoziierten Atheriosklerose.“ Klingt sehr speziell, brachte dem Studienabsolventen aber jedenfalls einen anderen Blickwinkel auf die Chemie. An der Med.-Uni lernte Burtscher-Schaden gewissermaßen die Kehrseite der Medaille, die Schattenseite der Chemie kennen.

Schon auf der Immunologie, aber auch später im Ludwig Boltzmann-Institut für Rheumatologie, stolperte er gewissermaßen über die Methoden der chemischen Industrie, und vertiefte sich in deren Studien. Dabei förderte er Dinge zutage, die in ihm den Keim legten für einen sehr kritischen Umgang mit Chemie-Konzernen. Der vertiefte sich, als er 2001 bei der Umweltorganisation „Global 2000“ anheuerte. Hier ist der 57jährige nach wie vor tätig.

Die EBI war aus heutiger Sicht die logische Fortsetzung seiner täglichen Arbeit, im Augenblick der Vorbereitung und des Starts der Initiative allerdings alles andere als ein ausgetretener Pfad. Viele Unsicherheiten und Unwägbarkeiten haben sich aufgetan. Am Ende steht, ein wichtiges Thema ins Rampenlicht gerückt zu haben, an dem die Politik nicht vorbei kommt, ohne sich damit auseinanderzusetzen. (milo)

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