Fußball: ÖFB-Präsident mit Katar unglücklich

Fußball: ÖFB-Präsident mit Katar unglücklich
Fußball: ÖFB-Präsident mit Katar unglücklich(c) APA/ROBERT JAEGER (ROBERT JAEGER)
  • Drucken

Leo Windtner, Präsident des österreichischen Fußballbundes, sieht in Sachen WM 2022 auf die Verbände riesige Probleme zukommen. „Das hat weitreichende Konsequenzen.“

Torshavn/Wien. ÖFB-Präsident Leo Windtner sieht zahlreiche Probleme rund um die Fußball-WM 2022 in Katar. Nicht nur die jüngsten Enthüllungen der lebensgefährlichen Arbeitsbedingungen auf den Turnierbaustellen, auch die Umstellung der Spielpläne im Fall einer Verlegung der Endrunde in den Winter bereitet dem Oberösterreicher Kopfzerbrechen.

Seit Monaten wird diskutiert, ob die WM in den Winter verlegt werden soll und wenn ja, in welchen Monaten sie ausgetragen werden soll. „Dass man jetzt versucht, so optimal wie möglich umzustrukturieren, ist der Beweis, dass die Vergabe nicht so selbstverständlich gewesen ist“, sagte Windtner.

Kein Spielraum

Die Problematik von Terminveränderungen bei den nationalen Meisterschaften sei nicht zu unterschätzen. „Durch eine Winter-WM würden in ganz Europa die Spielpläne durcheinandergewirbelt werden, das hätte weitreichende Konsequenzen und muss genau diskutiert werden. Es geht dabei ja nicht nur um die einmalige Umstellung, sondern auch um die Rückumstellung, und das würde sich wegen Auf- und Abstieg bis in die Amateurligen hinunterziehen“, gab Windtner zu bedenken.

Aufgrund des dichten Programms aus Meisterschaft, Cup, Europacup und Länderspielen habe man bei Terminadaptierungen praktisch keinen Spielraum, betonte der ÖFB-Boss. „Wenn man weiß, wie überfüllt der Spielkalender ist, kann man sich ausmalen, wie schwierig das Unterfangen einer Winter-WM wird.“

Dennoch wird den Nationalverbänden wohl nichts anderes übrig bleiben, als von den Sommermonaten abzugehen – schließlich sind Temperaturen von bis zu 50 Grad im Juni und Juli in Katar den Spielern und Zuschauern nicht zuzumuten. „Es genügt nicht, dass die Stadien klimatisiert sind, man muss auch an die Fans denken. Und die Mannschaften sind trotzdem den klimatischen Erschwernissen ausgesetzt. Dass die Stadien gekühlt wären, davon ist auszugehen, aber dass die restlichen Gegebenheiten nicht fußballfreundlich sind, liegt auf der Hand“, erklärte Windtner. Eine Lösung der Terminfrage dürfe nicht allzu lange auf sich warten lassen. „Es bringt nichts zu sagen, wir haben noch neun Jahre Zeit. Eine Entscheidung muss bis Ende nächsten Jahres fallen.“

Wichtig sei, dass die Uefa in der Angelegenheit als stärkster Kontinentalverband ein gewichtiges Wörtchen mitzureden habe. „Die Fifa wäre gut beraten, die Uefa voll ins Boot zu bekommen.“ Trotz der Problematik rund um die Katar-WM nimmt Windtner davon Abstand, eine Neuvergabe zu fordern. „Ich würde mich nicht so weit hinauslehnen. Aber inwieweit hier eine Chance besteht, die Vergabe einer Revision zu unterziehen, lasse ich dahingestellt.“

„Wintersport in Gefahr“

Neben dem seit Monaten schwelenden Terminstreit tat sich zuletzt noch eine weitere Baustelle rund um das Turnier auf – die Berichte des „Guardian“ über die Arbeitsbedingungen in Katar verschreckten die Öffentlichkeit. „Diesem Thema wird man Augenmerk schenken müssen. Bei der EM 2012 hat man Riesenaktionen wegen der Schicksale herrenloser Hunde gestartet, da kann man in Katar nicht über menschliche Schicksale hinwegschauen“, erklärte Windtner.

Gian-Franco Kasper, Präsident des Internationalen Skiverbandes, ist gegen eine Verschiebung der Fußball-WM: „Wir werden uns dagegen wehren. Sonst ist der gesamte Wintersport in Gefahr.“

WM 2022

Kritik. Die Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses im EU-Parlament, Barbara Lochbihler, hat WM-Gastgeber Katar und dem Fußballweltverband eine ignorante Haltung gegenüber den schlechten Arbeitsbedingungen für Gastarbeiter vorgeworfen. „Ich muss die Regierung von Katar auf das Heftigste kritisieren, dass sie in Kauf nimmt, dass Arbeiter sterben“, sagte die Grünen-Politikerin. Die WM-Vergabe sei ohne Rücksicht auf die Menschenrechtssituation erfolgt. „Wie kann man so ignorant sein?“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.10.2013)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Willi Lemke Entzug waere
Mehr Sport

Willi Lemke: "Entzug der WM wäre letzte Option"

Willi Lemke, UN-Sonderberater für Sport, über die Fußball-WM in Katar, weltweite Dopinggesetze, die "Wahnsinnssummen" im Fußball und die Dominanz von Bayern München.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.