Martin Loos: "Berlin ist einfach nicht schön"

(c) Christian Pitschl/Diagonale
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Der österreichische Schauspieler Martin Loos spricht über seine Hassliebe zu Berlin und Wien, den Castingalltag und politische Korrektheit.

DiePresse.com hat Schauspieler Martin Loos getroffen. Im Interview spricht der gebürtige Tiroler über seine erste Regiearbeit, politische Korrektheit in der Kunst und seine ambivalente Beziehung zu seiner alten Wahlheimat Wien und zu seinem neuen Lebensmittelpunkt Berlin:

Was hat Sie nach Berlin verschlagen?

Ich brauchte eine Herausforderung. Die habe ich in Berlin gefunden. Es hätte für mich als Schauspieler auch sonst  nichts gegeben. Nun habe ich zu beiden Städten eine kleine Hassliebe. Weil: Wien ist einfach schön, Berlin ist einfach nicht schön. Die Hügel gehen mir in Berlin ab.

Spricht da der gebürtige Tiroler aus Ihnen?

Vielleicht. Die Hügel fehlen mir. Nicht unbedingt die Berge. Aber zurück zur vorigen Frage: Wieso Berlin? Es ist freier, die Menschen sind offener. Wenn du dort in der U-Bahn von einem Menschen angesprochen wirst, ist das völlig normal. Wenn dich hingegen in Wien wer anspricht, hast du sofort Angst, dass du ausgeraubt wirst. Andererseits bedeutet die Freiheit in Berlin, dass man seinen Hintern bewegen muss. Erstens weil es in der Stadt kein Geld gibt, das merkt man überall. Für ein nettes, angenehmes Leben ist Wien aber unschlagbar.

Wird nicht das Berliner "Lebensgefühl" von Teilen der jüngeren Wiener Generation romantisiert?

Ich glaube, dass der große Berliner Hype schon längst vorbei ist.

Wie ist das mit den Clubs, dem Berghain beispielsweise? Kann das Fluc oder die Pratersauna mithalten?

Ich mag persönlich das Berghain nicht so sehr. Dort sind nicht selten Drogen im Spiel. Diese wabernde Masse interessiert mich nicht.

Wo liegen die Unterschiede bei Castings?

Bei deutschen Produktionen ist die Konkurrenz stärker. Es ist schon schwierig überhaupt zu einem Casting zu  kommen. Die Auslese ist in Österreich eine andere.

Heuer wurde Ihr erster eigener Kurzfilm "Samstagabend, Sonntagmorgen" vorgestellt. Er lief sowohl bei der Diagonale als auch bei den Vienna Independent Shorts. Worum geht es?

Ja, die Handlung ist schnell erklärt. Zwei Bobos, Ende 20, sind an einem Samstagabend auf der Suche nach der Liebe. Der eine wartet auf seine Prinzessin, der andere ist der Polygamie nicht abgeneigt. Am Sonntagmorgen findet ein Rollentausch statt. Wichtig war mir auch mal selbst eigene Ideen als Künstler umzusetzen, als Schauspieler bist du zumeist 'ausführendes Organ'. Deswegen plane ich da auch eine Fortsetzung zu drehen. Es soll aber nicht die weibliche Antwort oder Ergänzung zu dem doch sehr männlichen Film sein.

Wie konnten Sie Robert Stadlober, der die zweite Hauptrolle  spielt, für den Film gewinnen?

Robert kenne ich schon ziemlich lange. Es war mir von Anfang an klar, dass er in meinem Film mitspielt, weil wir Gespräche wie jene im Film auch im realen Leben geführt haben. Ich wollte jemanden haben, der down-to-earth spielen kann und Dialekt spricht.

Zu Beginn des Films nimmt einer der beiden via Facebook Kontakt zu einer Frau auf. Welchen Stellenwert hat Social Media für Sie, müssen Schauspieler diese Plattformen nutzen, um sich selbst zu promoten?

Bei uns kann man damit nicht wirklich Jobs an Land ziehen. Natürlich kann man aber, unabhängig vom Kunstbereich, Promo machen für sich: An diesem und jenem Tag läuft mein Film im Fernsehen, Kino oder spiele ich Theater. Für mich hat Facebook wie das Internet generell zwei Seiten. Du kannst es positiv nutzen: Ich habe viele Freunde und Kollegen, die nicht in Berlin wohnen, mit denen ich somit kommunizieren kann. Auf der anderen Seite hast du die Trivialität wie "Das Wetter ist Scheiße"-Postings. Das brauche ich nicht.

In "Samstagabend, Sonntagmorgen" fallen einige Kraftausdrücke. Wie hat das Publikum darauf reagiert?

Ja, politische Korrektheit stört mich ungemein. Die Sprache, die ich in meinem Film verwende, mag auf den ersten Blick schockieren, aber so wird nun mal gesprochen. Es ist ein Abbild der Realität. Auf der Diagonale hat es unmittelbar nach dem Film eine hitzige Diskussion gegeben. Es ist mir wegen eines Ausdrucks, den ich aber jetzt nicht wiederholen möchte, vom Publikum Sexismus vorgeworfen worden. Zu Unrecht, wie ich meine.

In einer anderen Szene, sagt die Hauptfigur, dass Sie die Formel 1 nicht mehr verfolgt, seitdem Gerhard Berger nicht mehr fährt. Was sind heutzutage Pflichttermine im Fernsehen, wenn es die überhaupt noch gibt?

Ich glaube, dass es nicht nur mir so geht, sondern bei vielen Österreichern. Formel 1 ohne Berger oder Tennis ohne Thomas Muster ist nicht mehr dasselbe. Tennis ist auch weitgehend aus der Medienberichterstattung verschwunden. Pflichttermine? Mich interessiert Fernsehen nicht mehr. Ich schaue auch nicht "Game of Thrones".

Lässt es sich von den Schauspielgagen gut leben?

Das kommt darauf an. Ich arbeite nebenbei noch als Yoga-Lehrer. Dann habe ich noch einen Werbespot für eine deutsche Bank gemacht. Insgesamt geht es sich aus.

Was wäre Ihre Traumrolle? 'Tatort'-Kommissar in Wien?

Ja klar, ich hatte bereits einmal eine Rolle in einem "Tatort". Oder einen Kommissar in Innsbruck. Ich würde sehr gerne wieder einmal in Tirol drehen. Den Dialekt hätte ich noch drauf.

Martin Loos

Der in Berlin lebende Schauspieler Martin Loos wurde 1977 in Tirol geboren. Er war in diversen Kino-Produktionen, darunter im Falco-Film "Verdammt, wir leben noch" und im Horror-Streifen "In 3 Tagen bist du tot 2", zu sehen. Loos wirkte darüber hinaus in TV-Krimis wie "Tatort", "Soko Donau" und "Komissar Rex" mit. Mit dem Kurzfilm "Samstagabend, Sonntagmorgen" feierte er sein Regiedebüt. 2014 soll die Fortsetzung folgen.

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