Eurokrise: Othmar Karas überprüft die Arbeit der Troika

PODIUMSDISKUSSION 'BIG DATA IN DER EU': KARAS
PODIUMSDISKUSSION 'BIG DATA IN DER EU': KARASAPA/HERBERT NEUBAUER
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Das EU-Parlament kontrolliert die Arbeit der Troika in Südeuropa, der Österreicher Karas leitet die Nachforschungen.

Brüssel. Wer wacht über die Wächter? Diese vom altrömischen Satiriker Juvenal erstmals formulierte Frage wird nun auch im Zusammenhang mit der Troika der internationalen Geldgeber (EU-Kommission, EZB und IWF) gestellt, die den überschuldeten Krisenländern der Eurozone aushelfen mussten und nun die Einhaltung der zugesagten Reformschritte kontrollieren. Nicht nur in den Hauptstädten der unter ihrer Kuratel stehenden EU-Mitglieder werden die Aufseher der Troika regelmäßig bezichtigt, unbotmäßige Strenge an den Tag zu legen. Seit gestern steht eine Antwort jedenfalls fest: Der Wirtschafts- und Währungsausschuss des Europaparlaments wird die Arbeit der Troika in Griechenland, Zypern, Portugal und Irland unter die Lupe nehmen – und an der Spitze der Untersuchungen steht der österreichische Europaabgeordnete Othmar Karas.

NSA-Untersuchung als Vorbild

Wie „Die Presse“ am Dienstag erfuhr, übernimmt der Chef der ÖVP-Delegation im EU-Parlament die Funktion des Berichterstatters der parlamentarischen Untersuchung – die offizielle Verlautbarung folgt am Mittwoch. Sobald die Fraktionen einig sind und das Präsidium des Parlaments offiziell grünes Licht gibt (die Erteilung des Mandats wird für den 14.November erwartet), wird Karas die Nachforschungen leiten, die politischen Verhandlungen über die ausgearbeiteten Verbesserungsvorschläge führen und den Abschlussbericht verfassen. Die Blaupause für den Ablauf liefert dem Vernehmen nach die Untersuchungsarbeit des Ausschusses für Justiz und Inneres im Zusammenhang mit der NSA-Spionageaffäre.

Darüber, dass es am Ende der Arbeiten Verbesserungsvorschläge geben wird, gibt es wenig Zweifel. „Die ursprünglichen Pläne der Troika sind in allen Ländern nicht aufgegangen“, sagt etwa der grüne Europaabgeordnete Sven Giegold, es müsse nun ermittelt werden, „was zu den fatalen Ergebnissen geführt hat“. Damit gemeint sind die Nebenwirkungen der verordneten Spar- und Reformprogramme – also Rezession, Anstieg der Arbeitslosigkeit und innenpolitische Turbulenzen.

Karas selbst will das Ergebnis seiner Nachforschungen nicht vorwegnehmen. „Die Beurteilung muss nicht zwangsläufig zu einer Verurteilung führen“, sagte der EU-Parlamentarier gestern zur „Presse“. Das Hauptaugenmerk wolle er auf mögliche Defizite bei der Legitimierung der Troika-Entscheidungen und Möglichkeiten zur Verbesserung ihrer Arbeit legen – als konkrete Beispiele wurden die Bankenabwicklung in Zypern sowie die Entscheidung zur Senkung des Mindestlohns in Griechenland genannt. Laut Karas soll die Untersuchungsarbeit im Frühjahr 2014 abgeschlossen sein – rechtzeitig vor dem Beginn des Europawahlkampfs, um keine Munition für ein populistisches Duell „Wachstum gegen Austerität“ zu liefern.

Über den konkreten Ablauf der Untersuchungen wollte sich der Berichterstatter in spe nicht äußern – das offizielle Mandat gibt es erst in zwei Wochen, und noch haben nicht alle Parlamentsfraktionen ihre Vertreter nominiert. Nur so viel: „Wir beginnen jetzt schon mit den Vorbereitungen.“ Eine Vorahnung über die Arbeitsweise gibt aber ein internes Arbeitspapier vom 22.Oktober, dass der „Presse“ vorliegt. Demnach soll die erste parlamentarische Anhörung bereits am 5.November stattfinden, angedacht werden auch Forschungsreisen zu den Nationalbanken und Finanzministerien der vier Krisenländer. Wortwörtlich ist in dem Dokument von „dysfunktionaler Entscheidungsfindung“ sowie „demokratischer Legitimierung“ die Rede.

Indes setzt die Troika ihre Arbeit fort. Am Dienstag traf ein Expertenteam in Nikosia ein. Untersucht werden soll der Stand des zypriotischen Reformprogramms – sowie die Frage, welche Staatsbetriebe sich für die Privatisierung eignen könnten. (la)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.10.2013)

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