Schieder lehnt „Schnellschüsse“ ab

Schieder, SPÖ-Klubchef, Demokratiepaket
Schieder, SPÖ-Klubchef, Demokratiepaket(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Der neue SPÖ-Klubchef ist gegen einen koalitionsfreien Raum, „wo man immer alle Bälle in die Luft haut“. Klub und Regierung müssten am Ende „am selben Tau ziehen“.

Die Presse: Sie haben bei der konstituierenden Sitzung des Nationalrats die Zusammenarbeit mit der Opposition betont. Wird das mehr als eine Floskel?

Andreas Schieder: Mein Ziel ist es, auf einer ehrlichen Basis mit allen Klubobleuten und anderen Abgeordneten einen Dialog zu finden. Es gilt, das parlamentarische Leben gemeinsam zu organisieren. In der Vergangenheit haben bei mehr als 80Prozent der Beschlüsse mehr als zwei Parteien zugestimmt, 40 Prozent waren einstimmig.

Konkret: Grüne und Neos haben vorgeschlagen, das blockierte Bildungsthema ins Parlament zu verlagern und hier zu entscheiden. Ist das für Sie eine Lösung?

Ich halte nichts davon, am Beginn von Koalitionsverhandlungen gleich auszurichten: Wenn sich da kein Kompromiss ergibt, sollte man den Weg ins Parlament gehen. Eine Regierung lebt schon davon, dass sie sich selbst ein Reformprogramm gibt. Das Schulthema ist keines, das man komplett dem koalitionsfreien Raum überantworten wird.

Kommt gar kein koalitionsfreier Raum?

Ein Raum, wo man immer alle Bälle in die Luft haut, ist nicht sinnvoll. Es kann Fragen geben, wo weder der eine noch der andere Koalitionspartner sagt, man muss sich aneinanderketten. Man wird in den Verhandlungen sehen, ob es solche Themen gibt.

Wie halten Sie es mit der FPÖ?

Die FPÖ ist kein Koalitionspartner, weil die FPÖ ein paar dunkle Flecken hat und sich schwertut, sich davon zu distanzieren. Trotzdem heißt es, auf parlamentarischer Ebene die Gesprächsbasis zu erhalten.

Sind Sie als neuer SPÖ-Klubobmann der Erfüllungsgehilfe der Regierung?

Schon in meiner Regierungszeit habe ich viel Zeit in der Diskussion mit Abgeordneten verbracht und die Abstimmung gesucht. Ich glaube auch, dass ich ein guter Transmissionsriemen und Sprachrohr unserer Abgeordneten gegenüber der Regierung bin. Wir ziehen am selben Tau. Wir sind gemeinsam das Führungspersonal der SPÖ, die Abgeordneten, die Regierungsmitglieder und führende SPÖ-Funktionäre in den Ländern. Ich sehe mich nicht als Erfüllungsgehilfen der Regierung, sie braucht auch keinen Erfüllungsgehilfen.

Bundeskanzler Faymann hat betont, es soll mehr mit den Abgeordneten geredet werden. So gut hat es dann in der Vergangenheit doch nicht geklappt.

Wir haben geänderte politische Rahmenbedingungen. Es ist die Aufgabe des Klubs, das Teamplay optimal zu organisieren. Einbindung, Eigenverantwortung der Abgeordneten und Diskussion im Klub sind Punkte, wo man moderne Politik machen kann.

Wenn Sie sagen, wir ziehen am selben Tau, bedeutet das am Ende, dass dem Klubzwang bei Abstimmungen gefolgt wird?

Zwang ist eine nicht zeitgemäße Denkweise.

Was ist es sonst?

Mir ist es schon ein großes Anliegen, offen zu diskutieren, sich aber am Schluss auf eine Linie und Meinung zu verständigen.

Das Demokratiepaket mit dem Ausbau der direkten Demokratie liegt aus der Zeit vor der Wahl auf Eis. Wann wird dieses umgesetzt?

Demokratisierung, Verbesserung der Strukturen, Erneuerung des Parlamentarismus sind ein großer Themenkomplex. Die Leute erwarten zu Recht neben transparenteren Entscheidungen, dass diese Entscheidungen gut sind, dass Österreich im internationalen Vergleich gut positioniert ist, die Lebensqualität für die Menschen erhalten oder sogar ausgebaut wird. Es geht aber auch darum, die Erlebbarkeit und das Verständnis von Politik zu verbessern. Das ist eine große Diskussion, wo ich mir manche Details noch anschauen möchte.

Wie ist Ihre grundsätzliche Position?

Im Zentrum unserer Orientierung steht die parlamentarische Demokratie mit 183 vom Wähler legitimierten Abgeordneten.

Klingt nach Skepsis gegenüber dem Ausbau direktdemokratischer Instrumente.

Es gibt Skepsis gegenüber manchen Vorschlägen, die ich gehört habe, wo die Gefahr besteht, dass die parlamentarische Demokratie ausgehebelt wird. Man muss diese Diskussion offen weiterführen. Am Schluss geht es darum: Wie kann der Bürger mitbestimmen, ohne gleichzeitig unseren verfassungsmäßigen Aufbau infrage zu stellen.

Sind Sie für die Automatik, dass es bei Volksbegehren nach einer bestimmten Unterstützung Volksabstimmungen gibt?

Ich bin bei Automatiken nachdenklich. Wir werden auch abwarten, welche Antworten es dazu in den Regierungsverhandlungen gibt.

Also eine schnelle Umsetzung des Demokratiepakets wird es nicht geben?

Ich bin da gegen Schnellschüsse.

Die Opposition drängt seit Langem darauf, dass eine Minderheit einen Untersuchungsausschuss einsetzen kann.

Es ist viel zu kurz gegriffen, wenn die gesamte parlamentarische Diskussion vom Kontrollrecht überlagert wird. Es gibt eine Vielzahl von Minderheitenrechten.

Das heißt, Sie sind dagegen.

Ich lasse das bewusst offen. Bei den Untersuchungsausschüssen sind viele Detailfragen zu berücksichtigen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.10.2013)

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