Aufschwung für kleine Wiener Modehändler

Ursula Lidy, Näherei Apfel
Ursula Lidy, Näherei ApfelDie Presse
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Wiener schätzen wieder das Modegeschäft im Grätzel, fernab der kommerziellen Trampelpfade.

Der Modehandel ist ein hartes Geschäft, besonders für Kleinunternehmer, die sich gegen das Überangebot der großen Handelsketten behaupten müssen. Wie sehr die Präsenz der Mainstreamketten in Wien in den letzten Jahren zugenommen hat, zeigt der Filialisierungsgrad. Der Anteil der Filialen an der Gesamtzahl der Modeeinzelhandelsgeschäfte (rund 1700 in Wien) ist der WKO-Modehandel-Trendstudie zufolge von 2002 bis 2012 von 43 Prozent auf 50 Prozent angestiegen.

Trotzdem entwickeln sich klein- und mittelständische Modeunternehmen in Wien gut. Während 2002/03 nur 41 Prozent der Mode-KMU Gewinne erwirtschafteten, waren es 2010/11 schon 58 Prozent. Dabei profitieren die Kleinunternehmer von einigen Trends, die die Kunden weg von den großen Einkaufsstraßen und Shoppingcenter und in die Arme der ortsansässigen Modeunternehmer treiben.

Grätzeltreue. Immer mehr Städter pflegen ihre Liebe zum eigenen Grätzel und verleihen dieser Liebe auch Ausdruck, indem sie in den ortsansässigen Geschäften einkaufen. Anrainer schätzen es, wenn sich Händler und Designer in weniger evidente Stadtteile trauen. Grätzel wie das Brunnen- und Yppenviertel im 16. Bezirk oder das Einzugsgebiet rund um die Margaretenstraße erfahren durch die Anwesenheit des Handels eine Aufwertung.

Die Kettenbrückengasse im fünften Bezirk gehört zu diesen noch relativ jungen Kreativzonen. Ein Geschäft, das sich dort angesiedelt hat, ist die Näherei Apfel. Inhaberin Ursula Lidy eröffnete den Laden mit dem eigenwilligen Konzept, das Mode, Apfelprodukte und Nähworkshops miteinander verbindet, im Mai 2012: „Ich finde, die Idee, Kulinarik und Mode zu vereinen, passt gut in die Nähe vom Naschmarkt“, erklärt Lidy ihre Standortwahl.


Äpfel senken Hemmschwelle.
Die Geschäftsidee hat familiäre Gründe. Lidy, die seit 2009 mit Lu Mode ein eigenes Modelabel betreibt, hat sich mit ihrer Cousine Vera Leeb zusammengetan, einer Apfelbäuerin aus dem burgenländischen Seewinkel, die „alles macht, was man aus Äpfeln so machen kann“ – Schnaps zum Beispiel oder Cider. Die Äpfel bringen Kundschaft aus dem Grätzel ins Geschäft, die sonst keinen Fuß über die Schwelle setzen würde, ist Lidy überzeugt. Neben ihrer Mode bietet sie auch Nähkurse an und bedient damit die wachsende DIY-Community. Denn Hand in Hand mit dem Interesse der Kunden an Handwerk und Nachhaltigkeit geht das Bedürfnis, selbst am Entstehungsprozess teilzuhaben. Urbane Manufakturen sind schon seit einiger Zeit im Aufwind und profitieren davon, wenn sie ihr Wissen mit den Kunden teilen.


Vegane Mode.
Ein in der Wiener Modeszene im internationalen Vergleich noch wenig beachteter Trend ist die „Green Fashion“. Seit 2012 gibt es in der Josefstädter Straße das österreichweit einzige Geschäft, das vegane Mode anbietet: Muso Kuroni (benannt nach einer westafrikanischen Göttin). „Vorher hatten wir einen Onlineshop, aber auf Messen wurden wir immer wieder gefragt, wo es denn ein Geschäft gibt. Gerade bei nachhaltiger Baumwolle wollen die Leute die Sachen anfassen. Das greift sich auch viel weicher an“, sagt Inhaberin Jasmin Schister. Die Wahl fiel nach längerer Suche auf ein Geschäftslokal in der Josefstädter Straße im achten Bezirk.

„Die Josefstadt ist ein grüner Bezirk, die Bewohner interessieren sich für Fair Tade. Wir wollten aber auch Laufkundschaft ansprechen, die mit veganer Mode nichts am Hut hat“, sagt Schister. Jedem vierten Kunden, der das Geschäft betritt, müsse man erst erklären, was vegane Mode ist.

Keine Jutesäcke. „Viele sind noch überrascht, dass unsere Mode nicht wie ein Jutesack aussieht.“ Das Konzept geht auf, Schister plant bereits eine Expansion, will in Wien ein zweites Geschäft eröffnen und danach eines in Deutschland. Die Marken, die Muso Kuroni anbietet, kommen vorwiegend aus dem benachbarten Ausland. In Österreich gibt es mit Gary Mash erst ein Label, das vegane Mode macht. Da das den Bedarf nicht abdeckt, schreitet Schister jetzt kurzerhand selbst zur Tat. Sie will eine eigene Kollektion herausbringen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.11.2013)

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