Spaß an der Schmerzgrenze: Im Rössl wird wieder gesungen

„Im weißen Rössl“
„Im weißen Rössl“imago/Future Image Armin Rohde
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Berührungsängste mit Kitsch und Heile-Welt-Klischees haben Pause: Christian Theede hat das „Weiße Rössl“ ins 21. Jahrhundert gebeamt.

Peter Alexander hätte mit dem Film seine Freude: Das steht für den deutschen Regisseur Christian Theede, der sich über die Neuverfilmung des legendären Singspiels „Im weißen Rössl“ drübergetraut hat, fest.

Es wird gesungen, getanzt, romantisiert und schuhgeplattelt, als ob es die reale Welt da draußen mit Beziehungs-, Existenz- und Wirtschaftskrisen gar nicht gebe. Mehr gute Laune, romantische Sonnenauf- und -untergänge, blumengeschmückte Almen, glitzernde Seen und schmucke Dirndln kann sich die österreichische Tourismuswirtschaft in einem Film kaum wünschen. „Es ist kein Dokumentarfilm über Österreich“, will Theede den Stoff aber richtig verortet wissen: „Es ist ein Film über die Rössl-Welt, eine Musical-Komödien-Welt.“ Ein Fantasiegebilde, eine Enklave der großen Gefühle, die sich der kalten Welt da draußen entgegenstellt. „Irgendetwas zwischen ,Sound of Music‘ und ,Hairspray‘“, nennt Theede im „Presse“-Gespräch den Film, der eben in Salzburg Premiere hatte.

Theede, der bisher unter anderem Märchenverfilmungen, Komödien und Musikclips gemacht hat, war sofort Feuer und Flamme für das Projekt einer Neuinterpretation des altbackenen Rössl-Stoffes um die große Liebe im Salzkammergut. Ihn hat auch gereizt, den ersten abendfüllenden deutschen Musikfilm seit Jahrzehnten zu stemmen. Dass er dafür ein hochkarätiges Schauspielerteam an seine Seite holen konnte, wird der Beliebtheit der deutsch-österreichischen Koproduktion beim Publikum kaum abträglich sein: Edita Malovčić in der Rolle der hantigen Rössl-Wirtin, Diana Amft als Berliner Großstadttussi, Tobias Licht als verliebter Anwalt, Fritz Karl in der Rolle des legendären Oberkellners Leopold, Gregor Bloéb als schöner Sigismund, Armin Rohde in der Rolle des deutschen Salzkammergut-Touristen und Julia Cencig als resolutes Klärchen.

„Man muss nichts können“

Den Peter-Alexander-Film haben sie fast alle in ihrer Kindheit gesehen, von Kultstatus konnte aber keine Rede sein. „Ich war kein Peter-Alexander-Fan“, bekennt Bloéb ebenso wie Cencig: „Als Theaterstück habe ich es mehr gemocht.“ Das 1930 in Berlin uraufgeführte Singspiel von Ralph Bernatzky, das sich wiederum auf ein Alt-Berliner Lustspiel von Oskar Blumenthal und Gustav Kadelburg stützt, war Vorlage für mehrere Verfilmungen. Nun wurde der Stoff von Drehbuchautor Jan Berger neu aufgerollt. Beziehungsstress, WLAN und wichtige Präsentationen in Berlin verorten die Komödie im Heute.

„Ich hab mich lange geweigert, das Drehbuch zu lesen“, erzählt Bloéb, der dieser Tage mit dem Nestroy-Preis ausgezeichnet wurde: „Ich habe Angst gehabt, dass es nur Comedy wird.“ Ganz hat er den „Germanen“ nicht getraut. „Das ist ein Leckerbissen für jeden Schauspieler“, sagt Bloéb heute über seine Rolle als schöner Sigismund. „Bei dieser Rolle muss man nichts können, man muss nur sein.“ So einfach war's dann doch nicht. Das Schuhplattler-Duell, das er sich mit seinem Filmwidersacher Tobias Licht liefern musste, war schweißtreibend: neun Minuten Choreografie. Das ging an die körperlichen Grenzen. An den beiden Drehtagen haben Bloéb und Licht ihre Schuhplattler-Einlage „gefühlte 200 Mal“ durchgemacht. Bloébs Vorteil: „Ich war gut trainiert, weil ich gerade in der Vorbereitung für die Rallye Paris–Dakar war.“ Licht denkt heute noch an die blauen Flecken, die er davontrug.

Seine Rolle als jenseitig verliebter Anwalt hatte aber auch andere Tücken: „Diese Figur des Dr. Sieder lebt zwar im Heute, hat aber doch in ihrer Etikette etwas recht Gestriges.“ Sätze wie „Sie tragen einen ungehobenen Schatz an tiefen Gefühlen und Musik in sich“ muss man erst einmal sagen, ohne im Erdboden zu versinken. Da ist die Grenze zur Peinlichkeit leicht erreicht.

Die Schauspieler im Premierenfieber haben den Kopf längst bei anderen Projekten: Amft schreibt an ihrem dritten Kinderbuch über „Die kleine Spinne Widerlich“, Licht steht in Nürnberg in „Funny Girl“ auf der Bühne und Bloéb liebäugelt damit, 2014 bei der Griechenland-Rallye an den Start zu gehen.

AUF EINEN BLICK

„Im Weißen Rössl. Wehe, du singst“ nennt sich das deutsch-österreichische Remake des Peter-Alexander-Klassikers, das eben in den Kinos angelaufen ist.

Regie führte der Deutsche Christian Theede („Allerleirauh“, „Der gestiefelte Kater“). Den Oberkellner Leopold stellt Fritz Karl , Edita Malovčić gibt die Rössl-Wirtin Josepha. Gregor Bloéb, eben mit dem Nestroy prämiert, spielt den schönen Sigismund, Diana Amft die Berliner Touristin Ottilie. Gedreht wurde unter anderem rund um den Wolfgangsee.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.11.2013)

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