Hypo Alpe Adria: Geständnis mit drastischen Folgen

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Im Prozess um Bilanzfälschung packt Ex-Hypo-Manager Kircher aus. Im Falle einer Verurteilung kann die BayernLB gegen Kärnten Klagen in Milliardenhöhe einbringen.

Klagenfurt/Wien. Gleich am zweiten Prozesstag packte der frühere Vorstand der Hypo-Leasing, Josef Kircher, aus: „Ich will reinen Tisch machen und ein normales Leben führen können.“ Allen im Vorstand sei laut Kircher bewusst gewesen, dass die geheimen Nebenabsprachen mit Hypo-Vorzugsaktionären hinsichtlich der Bilanzierung problematisch gewesen seien.

Vor allem der früherer Hypo-Alpe-Adria-Chef Wolfgang Kulterer wird von Kircher belastet. Kulterer sei in der Causa der „Mastermind“ gewesen. Über die geheimen Nebenvereinbarungen sei im Vorstand diskutiert worden. Doch man habe das nicht in die Vorstandsprotokolle aufgenommen. Das Ganze sei „eine Schwindelei“ gewesen. Das Geständnis Kirchers hat weitreichende Folgen.

Bei dem Prozess geht es darum, ob die Hypo-Bilanzen 2006 und 2007 gefälscht sind. Im Falle einer Verurteilung kann die Bayerische Landesbank (BayernLB) gegen die früheren Hypo-Eigentümer wie das Bundesland Kärnten Schadenersatzansprüche in Milliardenhöhe einbringen. Das wäre für Kärnten der finanzielle Ruin.

Wann klagen die Bayern?

Die Bayern versichern, dass sie die Hypo 2007 nicht übernommen hätten, wenn sie von den Vorzugsaktien mit den geheimen Nebenabsprachen gewusst hätten. Laut „Presse“-Informationen sind Beobachter der BayernLB bei dem Prozess in Klagenfurt anwesend.

Faktum ist, dass die Hypo schon vor dem Einstieg der Bayern Geld brauchte. Daher brachte sie Vorzugsaktien der Hypo-Leasing im Volumen von 100 Millionen Euro auf den Markt. Da sich die Papiere schwer verkaufen ließen, wurde den Käufern in geheimen Nebenvereinbarungen garantiert, dass man die Vorzugsaktien wieder zurücknehmen werde.

Laut Staatsanwaltschaft sei das Investment für die Käufer (wie die Flick-Stiftung) praktisch risikolos gewesen. Trotzdem hätten diese eine hohe Verzinsung erhalten. Damit sei die Hypo geschädigt worden. Schwerwiegender ist der Vorwurf der Bilanzfälschung. Denn laut Bankwesengesetz hätte die Hypo solche Vorzugsaktien aufgrund der Geld-zurück-Garantien nicht als Eigenmittel ausweisen dürfen. Denn der Sinn von Eigenmittel ist es, dass sie der Bank jederzeit frei und unbegrenzt zur Risiko- und Verlustabdeckung zur Verfügung stehen.

Dokumente wurden vernichtet

Für die „CSI Hypo“ war es schwierig, die Existenz der Nebenvereinbarungen zu beweisen. Es gab viele Hausdurchsuchungen, doch die Ermittler wurden nicht fündig. Denn die brisanten Dokumente wurden bei einem Notar in Völkermarkt aufbewahrt.

Bevor im Jahr 2009 der österreichische Staat bei der Hypo einstieg, erhielt der Notar den Auftrag, die Papiere zu vernichten. In mühsamer Kleinarbeit ist es den Ermittlern aber gelungen, die Schriftstücke auf der Festplatte des Notars zu rekonstruieren. Kircher bestritt am Mittwoch, dass er den Notar angewiesen habe, die Dokumente zu vernichten. Wer den Auftrag erteilt habe, wisse er nicht.

Kircher legte dem Gericht bislang unbekannte Unterlagen vor. Darin scheint Kulterer als Ansprechpartner für das Geschäft mit der Flick-Stiftung auf. Die Vereinbarung mit der Flick-Stiftung sei unter anderem vom früheren Hypo-Chef Siegfried Grigg unterschrieben worden. Der Richter fragte nach, ob jeder gewusst habe, was er da unterzeichnet habe. Ja, versichert Kircher. Es habe immer wieder Treffen gegeben, bei denen über die Problematik der Konstruktion gesprochen worden sei.

Auch andere Vorstandsmitglieder und der frühere Aufsichtsratsvorsitzende Othmar Ederer (derzeit Chef der Grazer-Wechselseitige-Versicherung) seien informiert gewesen. „Mit Sicherheit Bescheid gewusst haben Grigg, Ederer und ich“, so Kircher laut APA. Gegen Ederer wurden die Ermittlungen schon vor Jahren eingestellt.

Im Gegensatz zu Kircher bestreiten die anderen Angeklagten Kulterer, Grigg, Tilo Berlin und die Flick-Stiftung alle Vorwürfe, wobei sich nur Kulterer, Grigg und Kircher wegen Bilanzfälschung verantworten müssen. Kulterer wurde in anderen Hypo-Fällen zu einer Haftstrafe von 5,5 Jahren verurteilt. Die Flick-Stiftung bestreitet, sich bereichert zu haben. Kulterer saß damals im Vorstand der Stiftung.

Auf einen Blick

Prozess. Der frühere Vorstand der Hypo-Leasing, Josef Kircher, legte am Mittwoch ein Geständnis ab. Er hat seine Mitangeklagten Wolfgang Kulterer, Siegfried Grigg und Tilo Berlin schwer belastet. Bislang plädierte Kircher auf unschuldig. „Das will ich nicht mehr, ich will reinen Tisch machen und ein normales Leben führen können“, so der Ex-Banker. Es sei der größte Fehler seines Lebens gewesen, den Vorstandsposten bei der Hypo anzunehmen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.11.2013)

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