Zorniges Japan ignoriert Chinas Luftverteidigungszone

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Gefährliches Muskelspiel im Pazifik: Tokio reagiert erzürnt auf Chinas neue "Luftverteidigung" über Inseln im Ostchinesischen Meer. Peking provoziert weiter und schickt Kriegsschiffe ins umstrittene Südchinesische Meer.

Peking/Tokio/Washington. Das Muskelspiel zwischen den asiatischen Großmächten im Pazifik wird zunehmend gefährlicher: Japan reagierte erzürnt auf die Ankündigung des  Erzfeindes China, über dem geostrategisch sensiblen Gebiet rund um umstrittene Inseln im Ostchinesischen Meer eine Luftverteidigungszone einzurichten.

Dies ein "einseitiger Versuch, den Status quo im Ostchinesischen Meer mit Gewalt zu ändern, und wird die Lage weiter eskalieren", sagte ein Regierungssprecher nach einem Treffen des nationalen Sicherheitsrats am Dienstag. Tokio rief heimische Fluglinien auf, Pekings neue Regeln "zu ignorieren".

Zuvor war der chinesische Botschafter ins japanische Außenministerium zitiert worden, um gegen Chinas Vorgehen zu protestieren.

Australien protestiert

Unterdessen schloss sich auch Australien den Protesten gegen die neue chinesische Militärzone an. Der chinesische Botschafter in Canberra wurde ins Außenministerium zitiert, wo ihm eine Protestnote ausgehändigt wurde. Auch die USA und Südkorea hatten den Schritt Pekings kritisiert.

In dem Streit geht es um die unbewohnte Inselgruppe Senkaku (Chinesisch: Diaoyu), die nach dem chinesisch-japanischen Krieg 1895 unter Kontrolle Tokios gekommen war. Nach der Niederlage Japans im Zweiten Weltkriegs kamen die Inseln unter US-Verwaltung, doch gab Washington sie im Jahr 1972 wieder an Tokio zurück. Peking argumentiert, dass Washington dazu nicht berechtigt gewesen sei und beruft sich auf alte Seekarten, die das Gebiet als chinesisch ausweisen. Die Inseln sind angesichts großer Fischbestände und vermuteter Gas- und Ölvorkommen von großer strategischer Bedeutung.

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„USA sollen sich heraushalten“

Seitens der Republik China (Taiwan), die ebenfalls, aber leiser, die Inseln reklamiert, gab es zunächst keine Stellungnahme. Dafür stießen jene der USA und Japan auf umso heftigere Reaktionen in China: Die USA möchten sich doch aus dem Streit heraushalten und „keine unverantwortlichen Bemerkungen mehr machen“, hieß es. Japans Einspruch wies man als „völlig grundlos“ ab.

Der Streit hat sich in den letzten Jahren verschärft: Chinesische Fischerboote fuhren in die Gewässer ein, führten „aggressive Manöver“ mit japanischen Wachbooten durch. Bomber und Aufklärer näherten sich, worauf japanische Jäger aufstiegen. „Die Anwesenheit von Militärflugzeugen beider Seiten ist ein Risiko für die Flugsicherheit und könnte zur Eskalation führen“, sagte Militärexperte Gary Li vom Fachmagazin „IHS Jane's Defense“.

Pulverfass Südchinesisches Meer

Übrigens deutete das Verteidigungsministerium in Peking weitere Luftverteidigungszonen an. Sie könnten das Südchinesische Meer erfassen, wo Gebietskonflikte mit Vietnam, Brunei, Malaysia und den Philippinen glimmen.

Und auch in diesem von Territorialstreitereien mit China dominiertem heiklen Gebiet droht der Konflikt nun erneut zu eskalieren: Die Volksrepublik kündigte am Dienstag an,  mehrere Kriegsschiffe ins Südchinesische Meer zu schicken. Der einzige Flugzeugträger des Landes sei begleitet von zwei Zerstörern und zwei Fregatten am Dienstag ausgelaufen, um in den Gewässern Tests, militärische Übungen und "wissenschaftliche Forschung" vorzunehmen, teilte die Marine mit. Es handle sich um reine Routine. Weitere Details wurden nicht genannt.

China beansprucht die öl- und gasreiche Region nahezu vollständig für sich. Das kollidiert mit Ansprüchen der anderen Anrainer, darunter die mit den USA verbündeten Philippinen.

Chinas Sieg im Ernstfall möglich

China baut seine Flotte massiv aus (derzeit gut 73 Großkampfschiffe, 61 U-Boote), sie ist jener Japans überlegen (47 große Schiffe, 16 U-Boote). Japan kann zwar auf US-Hilfe zählen: Allein die US-Pazifikflotte hat etwa 80 große Schiffe (darunter fünf Träger) und 40-U-Boote. Allerdings wird sich China, schätzen Experten, heute im Ernstfall in seinen küstennahen Gewässern militärisch durchsetzen – schon, weil es viel mehr Flugzeuge zum Einsatz bringen kann.

(wg/basta/ag)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.11.2013)

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