Kaufhaus-Katastrophe: Lettlands Premier tritt zurück

Reuters
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Valdis Dombrovskis (42) übernimmt die politische Verantwortung für das Unglück, bei dem vor einer Woche 54 Menschen starben. Der Rücktritt kommt kurz vor Lettlands Beitritt zum Euro, eine Politkrise droht.

Der lettische Ministerpräsident Valdis Dombrovskis ist wegen des Supermarkt-Einsturzes von voriger Woche, bei dem in der Hauptstadt Riga 54 Menschen starben, am Mittwoch zurückgetreten. Er übernehme die politische Verantwortung für das Unglück, sagte der 42Jährige am Mittwoch zu Journalisten.

Dombrovkis, ein Physiker und Ökonom, hatte die Parlamentswahl 2010 und die vorgezogene Wahl 2011 an der Spitze eines liberal-konservativen Bündnisses gewonnen. Zuvor, ab Februar 2009, war er nach dem Rücktritt seines Vorgängers Ivats Godmanis Chef einer Minderheitsregierung gewesen.

Rücktritt kurz vor Euro-Eintritt

Die Regierungskrise kommt zu einer höchst unpassenden Zeit, denn die baltische Republik (rund zwei Millionen Einwohner, davon rund 30 Prozent Russen und Weißrussen) tritt im Jänner der Euro-Zone bei. Die nächste Parlamentswahl ist für Herbst 2014 geplant, die Verfassung lässt Neuwahlen zum jetzigen Zeitpunkt nicht zu. Die von russischsprachigen Letten dominierte gemäßigte Linkspartei "Harmoniezentrum" erklärte nach Bekanntgabe des Rücktritts, dass sie "nicht Nein sagen" würde, könnte sie Teil einer Übergangsregierung sein.

Bild von der Unglücksstelle, man sieht das eingestürzte Dach
Bild von der Unglücksstelle, man sieht das eingestürzte DachEPA

Die Ursache des Einsturzes in Riga ist nach wie vor unklar. Staatspräsident Andris Berzins hatte die Tragödie als „Mord" bezeichnet, denn es gibt den Verdacht, dass beim Bau des "Maxima"-Gebäudes, das erst vor zwei Jahren eröffnet worden war, gepfuscht worden sei. Die Polizei hat Ermittlungen eingeleitet.

Ein Teil des Daches war am Donnerstagabend plötzlich eingestürzt, als Hunderte Menschen ihre Einkäufe erledigten. Noch während der ersten Bergungsarbeiten brach ein zweiter Teil des Daches ein und erschlug drei Feuerwehrleute. Möglicherweise sind noch immer Menschen unter den Trümmern begraben.

Baufirma im Visier der Ermittler

Die Maxima-Katastrophe ist nicht der erste derartige Vorfall, in den die Baufirma des Kaufhauses verwickelt ist: Laut Recherchen der lettischen Nachrichtenagentur LETA war dasselbe Unternehmen für die Konstruktion des Daches eines anderen Einkaufszentrums in Riga verantwortlich, das im Oktober 2012 einstürzte. Da das nach Geschäftsschluss passierte, kam niemand zu Schaden. Ein Angestellter dieses Supermarktes, der anonym bleiben wollte, berichtete später über Druck seitens der Arbeitgeber, keine Informationen über den Einsturz nach außen dringen zu lassen.

Sämtliche am Bau des Maxima-Marktes beteiligten Firmen haben Verantwortung an dem Unglück zurückgewiesen. LETA-Recherchen zufolge waren am Bau und Betrieb des wegen seiner Architektur prämierten Maxima-Komplexes mehrere über undurchsichtige Offshore-Beteiligungen verflochtene Firmen und Investmentgesellschaften beteiligt. So führten die Spuren der Beteiligungen nach Litauen, die Niederlande und Zypern.

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