Fußball-WM 2014: Vor der Auslosung wächst der Widerstand

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Das Chaos rund um die Auslosung und unfertige Stadien sorgen für Unmut. Die Präsentation des Spielballs Brazuca bot kurze Ablenkung.

Rio de Janeiro/Costa do Sauípe. Brazuca, der offizielle Spielball der WM 2014 in Brasilien, hat seinen Zweck schon 190 Tage vor Beginn des Turniers erfüllt. Der zweieinhalb Jahre lang von 600 Fußballern– auch von Größen wie Messi, Casillas, Alves oder Zidane – getestete Adidas-Ball bereitete Freude. Bei seiner Präsentation in Rio de Janeiro waren im Nu alle Probleme vergessen. Für wenige Augenblicke herrschte Eintracht, keiner sprach über Korruption, Probleme mit den Stadien oder das Chaos, das der Weltverband Fifa mit der umstrittenen Einteilung der Lostöpfe vor der Auslosung am Freitag (17Uhr, ORF eins) verursacht hat.

Brazuca, das steht für die brasilianische Lebensart, die Farben und Schleifenmuster symbolisieren die in Südamerika beliebten Glücksarmbänder. Der Ball vermittelt den Stolz des WM-Gastgeberlandes. Das hat auch seinen Preis: Er kostet 129,95 Euro.

Kaum war die Show aber vorüber, rückten die Unstimmigkeiten sofort wieder in den Vordergrund. Bei mindestens drei der zwölf Stadien gibt es Verzögerungen, in São Paulo, Curitiba und Cuiabá brauche man mehr Zeit, musste Fifa-Generalsekretär Jérôme Valcke zerknirscht zugeben. „Zwei Stadien werden sogar erst im Februar 2014 übergeben.“ Brasiliens Sportminister Aldo Rebelo nahm es mit Humor, oder Brazuca: „Es ist wie bei einer Hochzeit. Ich habe noch nie eine Braut gesehen, die pünktlich da war, und trotzdem ist die Hochzeit nie geplatzt.“ Aber auch dieses Fest hat seinen Preis: Allein die Kosten für die zwölf Stadien belaufen sich auf 2,5 Milliarden Euro.

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Kritik, Kosten, Korruption

Dass die WM-Eröffnung am 12.Juni 2014 in São Paulo stattfinden wird, daran gibt es bei den Verantwortlichen keinen Zweifel. Das Unglück – zwei Arbeiter verloren beim Teileinsturz des Daches ihr Leben – sorgte laut Fifa-Präsident Joseph Blatter nur „für eine kleine Verzögerung“. Der Schweizer, 77, lobte Brasilien in höchsten Tönen. Er verstehe nicht, warum permanent nur über Probleme, die letztlich keine wären, berichtet werde. Tropisches Klima, Beginnzeiten, Kosten – alles sei doch wie gehabt. Und: „Die Wiege des Fußballs mag ja in England stehen, die Seele des Fußballs ist doch aber hier in Brasilien.“

Mit Demonstrationen der Bevölkerung, die sich durch Korruption, Preispolitik und mangelhafte Infrastrukturen übergangen fühlt, rechnet Blatter während der WM jedenfalls nicht. Ausgeschlossen sind sie nicht, die Fußballwelt erlebte es beim Confederations Cup.

Mit Protesten und Empörung hat der mächtigste Mann im Weltfußball durchaus Erfahrung. Daher nimmt er alle Widersprüche wegen des Auslosungsverfahrens gelassen hin. Frankreich, das in der Weltrangliste am schlechtesten platzierte europäische Team, landete nicht wie erwartet in Topf 2. Nun wird – kurz vor der Auslosung – aus neun europäischen Teilnehmern ein Land gelost, das vom vierten in den zweiten Topf wandert.

Mit diesem Beschluss wich die Fifa von der bisherigen Vorgehensweise ab, die sich an der Weltrangliste orientiert hatte. Die Niederlande kündigten einen Protest an, Blatter überhört das gekonnt. Regionale Aspekte hätten den Ausschlag gegeben, zum Wohle der WM: „Es wird auf alle Fälle attraktive Vorrundenspiele geben.“ (dat)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.12.2013)

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