Enttäuschte Hoffnungen: Minister für eine Stunde

Archivbild: Werner Wutscher im Jahr 2007.
Archivbild: Werner Wutscher im Jahr 2007.APA
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Die Personalauswahl in der Endphase von Koalitionsverhandlungen verläuft oft hektisch – und hinterlässt Opfer.

Diesmal hätte es fast geklappt. Werner Wutscher, ehemaliger Kabinettsmitarbeiter der Landwirtschaftsminister Franz Fischler und Wilhelm Molterer, hat den Sprung vom Ministersekretär zum Topmanager geschafft und saß in den Vorständen der Agrana und des Lebensmittelkonzerns Rewe. Der Sprung zurück an die Spitze des Ministeriums will aber nicht gelingen. Schon mehrmals galt Wutscher als ministrabel, diesmal durfte er sich schon eine Stunde lang als Minister fühlen. Michael Spindelegger schlug den gebürtigen Kärntner seinem Parteivorstand vor.

Die Kärntner Herkunft sollte sich als ausschlaggebendes Hindernis erweisen. Die Tiroler Landespartei hat ein viel besseres Standing als die brustschwache Kärntner Organisation, und Landeshauptmann Günther Platter – erbost über die Ablöse von Karlheinz Töchterle als Wissenschaftsminister – pochte auf einen Landsmann in der Regierung. Dass man mit Andrä Rupprechter in der Eile einen geeigneten Kandidaten fand – der EU-Spitzenbeamte war einst Sektionschef im Landwirtschaftsministerium – ist eine glückliche Fügung. Ebenso, dass dieser sein Handy eingeschaltet hatte und sofort zusagte.

Sonst sähe die Regierung vermutlich anders aus: In der ÖVP kursieren Anekdoten über verhinderte Minister, die in der Vergangenheit ihren Job nicht bekamen, weil sie in der entscheidenden Phase nicht erreichbar waren.

Wutscher ist nicht der Erste, der nur knapp an einem Ministeramt vorbeigeschrammt ist. Bei der letzten Regierungsbildung soll der steirische ÖVP-Politiker Herbert Paierl schon als Wirtschaftsminister festgestanden sein, ehe Wirtschaftsbund und die oberösterreichische ÖVP einen der Ihren durchsetzen konnten. So stieg der Wirtschaftskämmerer Reinhold Mitterlehner zum Regierungsmitglied auf.

Etwas weiter zurück liegt eine verhinderte Ministerschaft in der SPÖ: Otto Oberhammer, Sektionschef im Justizministerium, sollte im Jahr 1990 zum Minister aufsteigen. Der frühere ORF-Generaldirektor, der trotz seiner SPÖ-Nähe als parteifreier Justizminister präsentiert wurde, gab schon Interviews, ehe er von der ÖVP in diesem Amt verhindert wurde.

Nicht nur Minister, sondern gleich ÖVP-Obmann sollte der Linzer Rechtsprofessor Johannes Hengstschläger werden. Es war der Ostermontag 1995, als der Jurist im Wiener Kaffeehaus Landtmann saß, bereit, die Nachfolge von Erhard Busek anzutreten. Die Partei entschied sich dann allerdings doch für Wolfgang Schüssel.


Enttäuschte Erwartungen. Am „Traumjob Minister“ – so es ein solcher ist – sind jedenfalls schon viele gescheitert. In der jüngeren Vergangenheit beispielsweise war Christoph Matzenetter schon fix als Finanzminister der Regierung Gusenbauer vorgesehen, ehe sich die ÖVP das Finanzministerium schnappte und Matznetter nur der undankbare Posten eines Staatssekretärs blieb. Bei der gleichen Regierungsbildung wäre Norbert Darabos gern Innenminister geworden – das Verteidigungsressort war da ein schwacher Trost. In der ÖVP wird Werner Amon schon seit Jahren als ministrabel gehandelt, ohne je zum Zug zu kommen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.12.2013)

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