Kid Pex: Ein Rapper provoziert Wien

Kid Pex: Ein Rapper provoziert Wien
Kid Pex: Ein Rapper provoziert WienDeine Mutter Records
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Kid Pex besteht auf der Bezeichnung "Tschuschenrapper". Das Mozart-Bashing im Video seines neuen Songs ist gar keins. Eine Entwarnung.

Seinen größten Hit hatte er vor drei Jahren. Gemeinsam mit dem serbischen Ghettorapper Juice dreht er in Wiener Abbruchhäusern „Kako je u Beču“. Es wurde ein testosteronhältiges Video, das mit allem aufwartet, was man von einem harten Rapper so erwartet. Ein naives Blondchen, dicke Halsketten, bloßgelegte Muskelnund rüde Worte.

Trifft man Kid Pex im echten Leben, sieht die Sache anders aus. Artikuliert und entspannt wirkt der 29-jährige, aus Zagreb stammende Rapper, der dieser Tage in die Schlagzeilen kam. „Balkan-Rapper killt unseren Amadeus!“, hieß es da im Schlauchfetzen, also der Gratis-U-Bahn-Zeitung, wie sie im Arbeiterjargon heißt.

Kid Pex freut sich über diesen Skandalisierungsversuch, der auf ein fiktives Spiel namens „Kill Mozart“ Bezug nimmt, das im Video seines neuen Songs „Bečka škola“ den Bruch mit einer retrospektiv geschönten Vergangenheit symbolisiert. Hip-Hop existiert seit über 30 Jahren und sorgt immer noch regelmäßig für Aufregung. Dabei ist es ein Genre mit beschränkter Haftung. Als Rapper ist man in seinen Möglichkeiten ähnlich reduziert wie eine Commedia-dell'arte-Figur. Auf immer gleiche Weise wird mit den Händen durch die Luft gewischt und allerhand „bad stuff“ herausgebellt.

Gewalt, Sexismus, Materialismus beherrschen die Plots. Manchmal setzt es auch Sozialkritik. Kid Pex beherrscht all diese Facetten. Er nennt sich „Tschuschenrapper“, in Anlehnung an die afroamerikanischen Ghettobewohner, die mit Vorliebe „Nigger“ zueinander sagen. „Geh in dein Land und rappe dort“, sagt man ihm in Wien manchmal, weil er mit kroatischen anstatt wienerischen Reimen kitzelt. Das kränkt ihn ein wenig. Mit neun Jahren ist er nach Wien gekommen, aber vollständig akzeptiert fühlt er sich immer noch nicht. „Das mit der Ausgrenzung begann subtil als Spaß getarnt schon in der Schule“, sagt Kid Pex, der ein abgeschlossenes Publizistikstudium vorweisen kann und nun das Fach Interkulturelle Kompetenz belegt. „Es ist absurd, dass in Österreich Zweisprachigkeit oft nicht als Vorteil, sondern als Handicap angesehen wird.“ Er konzertiert gern auch in der alten Heimat. „Mit Kroatien fühle ich mich verbunden, aber mein Leben spielt sich in Wien ab. Unten werde ich als Schwabo wahrgenommen, in Wien als Tschusch.“

Solch Heimatlosigkeit kann für eine originelle Perspektive gut sein. Das zeigte schon sein Debütalbum „Gastarbeiterlife“. Mit dem zweiten Album „Bečko čudo“ (Wiener Wunder) ging es gar in die Charts. Der Nachfolger „Perestroika“ war dann ein lupenreines sozialkritisches Album, das allerdings weniger beachtet wurde, weil das Krasse beliebter scheint als das Kritische. Ist sein neues Lied „Bečka škola“ ein Rückfall in den nicht gerade reputierlichen Gangsterrap? „Aber überhaupt nicht“, wiegelt er ab. „Auf dem Balkan wird alles Feine, alles nach altem Muster Gestaltete als ,Bečka škola‘, als ,Wiener Schule‘ bezeichnet.“ Nur der Alltag der hiesigen Balkan-Community hält mit der Idealisierung nicht ganz mit. „Zu viele bleiben unter sich. Viele Balkaner in Wien bemühen sich, noch bessere Balkaner zu sein als die in der alten Heimat. Diese Balkan-Sehnsucht produziert nichts als provinzielle Klischees. Das kritisiere ich.“

Kid Pex schaut gern über den ethnischen Tellerrand hinaus. Gemeinsam mit dem Wiener Rapper „A Geh Wirklich?“ spielte er „Recht auf Leben“, was zu einer Art Hymne für die Votivkirchen-Flüchtlinge wurde. Deren Not hat ihn tief berührt. „Wir haben alle unsere eigenen Sorgen, aber die sollten uns nicht von sozialem Engagement abhalten“, sagt er, der in seinen Raps immer wieder Werbung für die Stadt macht. „Wien hat so eine sozialistische Gelassenheit. Da ist es ein bisschen wie auf dem Balkan. Die Art, wie man hier Lässigkeit und Ordnung vereint, taugt mir, weil die Ordnung, anders als in Deutschland, nie bis zur letzten Konsequenz geht. Das finde ich sehr menschlich.“

Link: www.deinemutter.at

ZUR PERSON

Kid Pex

Bürgerlicher Name: Petar Rosandic

In Zagreb geboren, mit neun Jahren nach Österreich gekommen

Publizistikstudium

Arbeitet in der Redaktion des Monatsmagazins „Kosmo“

Debütalbum: „Gastarbeiterlife“ (2009)

Größter Erfolg bislang das Album „Bečko čudo“ (2010)

Schauspieldebüt: „Echte Wiener 2 – Die Deppaten und G'spritzn“

Aktueller Hit: „Bečka škola“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.12.2013)

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