Ein Sister Act mit historischer Note

Marlies Schild
Marlies SchildAndreas Pranter
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Mit ihrem 34. Slalomerfolg zog Marlies Schild mit der Bestmarke von Vreni Schneider gleich.

Courchevel/Wien. Es war wohl ein Zwiespalt der Gefühle für Marlies Schild, als sie im Ziel der letzten Läuferin entgegenfieberte. Mit Laufbestzeit hatte sich die Halbzeitdritte im zweiten Saisonslalom in Courchevel an die Spitze gesetzt, nun konnte ihr nur noch Schwester Bernadette den so lang herbeigesehnten ersten Sieg nach der schweren Knieverletzung wegschnappen. Schlussendlich setzte sich die Routine und Erfahrung der neun Jahre älteren Marlies durch, die damit nicht nur eine fast zweijährige Durststrecke beendete, sondern mit ihrem 34. Slalomsieg auch zur Bestmarke von Vreni Schneider aufschloss. Die 23-jährige Bernadette Schild wurde hinter der Schwedin Frida Hansdotter Dritte.

22 Monate lang, seit dem letzten Sieg am 11. Februar 2012 in Andorra, lastete auf Schild bei jedem Slalom der Druck, den Rekordsieg einfahren zu müssen. Doch erst jetzt, als die wenigsten damit rechneten, sollte er gelingen. Vor fast genau einem Jahr setzte sie ein Trainingssturz in Aare außer Gefecht, das Mini-Comeback beim WM-Slalom in Schladming brachte nur den neunten Platz. Beim diesjährigen Weltcupauftakt in Levi schied Schild aus.

„Natürlich waren die Fragen nach dem Rekord zeitweise anstrengend. Aber jetzt ist es ein traumhaftes Gefühl, ich bin überglücklich und stolz“, sagte eine strahlende Marlies Schild im Ziel. „Ich habe einfach versucht, locker zu fahren und das zu machen, was ich immer gemacht habe, wenn ich schnell war.“ Im Allzeitranking schloss Schild mit insgesamt 36 Weltcupsiegen zu Katja Seizinger auf Rang sechs auf und hält nun bei der gleichen Anzahl wie Lebensgefährte Benjamin Raich. In Führung liegt weiter Annemarie Moser-Pröll mit 62 Erfolgen.

Erstmals seit Maria und Susanne Riesch 2009 stand ein Geschwisterpaar auf dem Podest – für Marlies Schild die Krönung des besonderen Tages. „Das ist Wahnsinn und macht es noch schöner“, erklärte sie. Mit 32 Jahren und 200 Tagen stellte sie zudem wie Mario Matt am Sonntag einen neuen Slalom-Altersrekord auf.

ÖSV-Damen trumpfen auf

Auch Bernadette Schild jubelte mit ihrer Schwester und trauerte der verpassten Siegpremiere nicht hinterher. „Ich war natürlich nervös. Schon nach der ersten Zwischenzeit wollte ich abbremsen, zum Glück habe ich es doch noch probiert“, meinte sie. „Beide auf dem Podest haben wir uns schon lange gewünscht. Man hat aber gesehen, dass wir uns beide nichts schenken. Die Schnellere soll vorn sein.“ Der Hang im Osten Frankreichs liegt der jüngeren Schild generell: Hier feierte sie ihren ersten Europacupsieg, 2010 ihre erste Top-Ten-Platzierung und nun ihren ersten Podestplatz im Weltcup.

Während Weltmeisterin und Levi-Siegerin Mikaela Shiffrin als Zwölfte einen überraschenden Rückschlag erlitt, trumpften die ÖSV-Läuferinnen auf. Fast ein Jahr nach dem letzten Slalomsieg schafften es neben den Schilds mit Kathrin Zettel (4.), Michaela Kirchgasser (5.), Carmen Thalmann (7.), Alexandra Daum (10.) und Nicole Hosp (13.) insgesamt gleich sieben Österreicherinnen in die Top 13 und sorgten für das beste rotweißrote Slalomresultat seit rund 20 Jahren. „Es freut mich sehr für Marlies, das nimmt ihr viel Druck“, gratulierte Kirchgasser stellvertretend für ihre Kolleginnen.

Einmal mehr keine Reise wert war Courchevel für Maria Höfl-Riesch. Als einzige Läuferin des Toptrios der Gesamtwertung ging sie in Frankreich auf Punktejagd, schied aber wie schon bei ihren beiden vorangegangenen Antritten aus. Diesmal aus einem kuriosen Grund: Ein herumrutschendes Handy irritierte die Deutsche.

Weiter geht es am Samstag mit der Damenabfahrt in Val d'Isere, die Herren messen sich in Gröden.

DAMEN-SLALOM, COURCHEVEL

1. Marlies Schild (AUT) 1:45,17

2. Frida Hansdotter (SWE) +0,33

3. Bernadette Schild (AUT) +1,22

4. Kathrin Zettel (AUT) +1,43, 5. Michaela Kirchgasser (AUT) +1,56, 6. Marie-Michele Gagnon (CAN) +1,64, 7. Carmen Thalmann (AUT) +1,72, 8. Nina Löseth (NOR) +1,78, 9. Wendy Holdener (SUI) +1,88, 10. Alexandra Daum (AUT) +2,02.

Ausgeschieden im 1. Durchgang: u. a. Eva-Maria Brem (AUT), Tessa Worley (FRA), Maria Höfl-Riesch (GER).

Gesamtweltcup (nach elf Rennen): 1. Lara Gut (SUI) 482, 2. Maria Höfl-Riesch (GER) 461, 3. Tina Weirather (LIE) 445, 4. Anna Fenninger (AUT) 437, 5. Tina Maze (SLO) 304.

DER REKORDSIEG

Marlies Schild, 32, feierte in Courchevel ihren 34. Slalomsieg und stellte damit die Bestmarke der Schweizerin Vreni Schneider ein. Es war ihr erster Erfolg nach der schweren Knieverletzung.

Schwester Bernadette stand als Dritte erstmals auf dem Podest. Für den ÖSV war es im Damenslalom nicht nur der erste Sieg seit einem Jahr, sondern mit sieben Läuferinnen in den Top 13 auch das beste Resultat seit rund 20 Jahren.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.12.2013)

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