Lieber mehr Schulden, als "grantige" Gläubiger

(c) EPA (BARBARA GINDL)
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Seltsam, dass der rote Notenbankchef gemeinsam mit dem roten Gerechtigkeitskanzler und der schwarzen Bankenlobby bei der Kärntner Hypo unter allen Umständen die Banken schützen und die Steuerzahler zahlen lassen will.

Eine Insolvenz der Hypo Alpe Adria würde also einen volkswirtschaftlichen Schaden von bis zu 26 Milliarden Euro verursachen, haben die Nationalbankbosse dem Finanzministerium, in dem ja ein paar Befürworter der Insolvenzlösung für die Katastrophenbank sitzen, geschrieben.

Das wäre deutlich mehr als die 15 bis 17 Milliarden, die – ebenfalls laut internen OeNB-Analysen – im Extremfall bei einer „Anstalts“-Abwicklung der Bank anfallen könnten. Das Schreckensszenario steht auch in direktem Gegensatz zu der Erkenntnis des vom Finanzministerium beauftragten internationalen Consultingunternehmens Oliver Wyman (unter anderem Berater der EZB), das die Insolvenzlösung als die für den Steuerzahler bei Weitem günstigste ansieht.

Jetzt könnte man sagen: O. k., Nationalbank, vergessen wir das. Ist das nicht jene Institution, deren Bankenprüfer der Kärntner Bank im Dezember 2008, als der Hypo-Hut schon lichterloh brannte, einen „Bereinigungsprozess im Kreditportfolio“ attestierten und für „2009 und die Folgejahre“ Gewinne voraussagten? Und deren volkswirtschaftliche Abteilung in die jüngste Konjunkturprognose für kommendes Jahr ernsthaft eine Staatsschuldenquote von 73,7 Prozent hineingeschrieben hat, während die Chefs von Fiskalrat und Statistik Austria längst von 77 bis 80 Prozent ausgehen? Wer die politisch beeinflussten Aussagen dieser Institution ohne Gegencheck für bare Münze nimmt, dem kann man vieles erzählen.

Aber so einfach ist das nicht: Immerhin haben auch der Bundeskanzler und dessen ins Finanzministerium übersiedelter Vize eine Insolvenzlösung kategorisch ausgeschlossen (was künftig im Finanzministerium eine interessante Konstellation ergibt). Und der Nowotny-Vorgänger in der OeNB, Klaus Liebscher, der als Hypo-Aufsichtsratsvorsitzender und Taskforce-Chef jetzt die Fäden in der Hand hat, gilt ebenfalls als Gegner eines Insolvenzszenarios.

Allerdings trifft man auch immer öfter Experten, die die Sache ein wenig anders sehen. Fiskalrat-Chef Bernhard Felderer beispielsweise ist durchaus der Ansicht, dass die Wyman-Überlegungen Hand und Fuß haben. Und Hannes Androsch, Aufsichtsratschef der „Banken-ÖIAG“ Fimbag meint, man solle, bevor man entscheidet, die vier Szenarien, die Wyman vorgelegt hat, doch einmal unabhängig evaluieren.

Gute Idee, denn auf allzu großes Tempo kommt es jetzt ohnehin nicht mehr an: Die Hypo-Abwicklung wird schon seit vier Jahren zum Schaden der Steuerzahler grauenhaft verschleppt und vermurkst.

Warum wird also nicht seriös evaluiert? Warum lässt das Finanzministerium einen international renommierten (und wohl entsprechend teuren) Consulter ran, wenn man das Ergebnis ohnehin ignorieren will?

Hört man sich in den Tiefen des Ministeriums um, dann bekommt man dazu interessante Erklärungsversuche. Zum Beispiel den: Kommt die „Anstaltslösung“, also die Bad Bank, dann wäre die Vergangenheit sanktioniert. Es würde dann niemand mehr blöde Fragen etwa nach der Prüfungskompetenz von OeNB und FMA stellen. Kommt die Insolvenzlösung, dann würde sehr intensiv in alten Wunden geschürt.

Daran kann die Nationalbank nicht das geringste Interesse haben. Wohl aber die Steuerzahler. Sieht man sich den Horrorbrief, in dem Nowotny und dessen für die Bankenprüfung zuständiger Vize Ittner den Insolvenzteufel an die Wand malen, genauer an, dann wird die Sache nämlich merkwürdig. Der Schaden, den die beiden Notenbanker da so eindringlich beschwören, würde nämlich zum überwiegenden Teil folgende Marktteilnehmer treffen: Anleihegläubiger im Allgemeinen, die Bayern LB im Besonderen. Darüber hinaus die Landes-Hypothekenbanken (und damit auch die Raiffeisengruppe). Und natürlich das dann bankrotte Land Kärnten.

Und wer zahlt bei einer „Anstaltslösung“? Richtig: Zu hundert Prozent die Steuerzahler. Sehr seltsam, dass der (rote) Notenbankchef gemeinsam mit dem (roten) Gerechtigkeitskanzler im Verein mit der schwarzen Bankenlobby die Last von in- und ausländischen Finanzinstituten voll auf die Steuerzahler abwälzen will.

Zumal die reflexartige Ablehnung der Insolvenzlösung auch taktisch nicht sonderlich intelligent daherkommt, um das einmal vorsichtig auszudrücken. Denn die Androhung eines Insolvenzszenarios muss keineswegs zur Insolvenzlösung führen. Es wäre nämlich nicht unrealistisch, dass die Anleihegläubiger lieber einem freiwilligen Schuldenschnitt zustimmen, als mit höchst unsicherem Ausgang zeitraubende Einzelexekutionen gegen das Land Kärnten führen zu müssen. Aber auch das würde die Steuerzahler entlasten und, richtig, die Banken belasten. Da nehmen wir lieber einen sprunghaften Anstieg der Staatsschulden in Kauf, nicht wahr?


Apropos Staatsschulden: Maria Fekter hat, wie berichtet, knapp vor ihrem Ausscheiden aus dem Finanzministerium eine „Eröffnungsbilanz“ gelegt. Fazit: Der Staat hat bei einem Vermögen von 89,5 Mrd. Euro 223,5 Mrd. Euro Schulden. Unsere Regierung nennt so etwas wohl „Vorbild für Europa“. Ein Unternehmen müsste bei einer zweieinhalbfachen Überschuldung freilich blitzschnell einen Wirtschaftsprüfer für eine positive Fortführungsprognose auftreiben – oder Insolvenz anmelden. Kredit würde es jedenfalls keinen mehr bekommen.

E-Mails an:josef.urschitz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.12.2013)

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