Reportage aus Marokko

Verzweiflung und Wut im Erdbebengebiet: „Militär kassiert für Zelte“

Von vielen Dörfern sind nur Trümmerhaufen übrig geblieben wie hier in Tikht.
Von vielen Dörfern sind nur Trümmerhaufen übrig geblieben wie hier in Tikht.APA/AFP/Fethi Belaid
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In den schwer vom Beben getroffenen Regionen Marokkos ist die Lage katastrophal. Die Bevölkerung ist wütend, weil kaum Unterstützung ankommt – und weil Verantwortlichen des Militärs Geld verlangen. Ein Lokalaugenschein im Erdbebengebiet.

Im Minutentakt fahren Krankenwagen auf den mit Kieselsteinen ausgelegten Vorplatz des Krankenhauses von Tahnaout, einer Kleinstadt am Fuße des Atlasgebirges. Sanitäter, Krankenschwestern und Pfleger hieven die Patienten hektisch auf fahrbare Liegen und schieben sie unter ein Zeltdach zur weiteren Behandlung. Danach untersuchen Ärzte in blauen Kitteln und mit transparenten Plastikhandschuhen die meist älteren Frauen und Männer gründlich auf Blessuren. Die einen haben den Oberschenkel oder einen Arm aufgrund herabfallender Trümmer gebrochen und müssen zum Röntgen. Andere haben nur Prellungen, werden verbunden und erhalten Medikamente. Wieder andere brauchen nur Ruhe. Sie sind einfach völlig erschöpft. Rettungskräfte haben diese Menschen aus den Orten des Epizentrums des Erdbebens geholt, das am Freitagabend um 23 Uhr und 11 Minuten mit einer Magnitude von 7,2 auf der Richterskala die beliebte marokkanische Touristenstadt Marrakesch und die umgebende Region getroffen hat.

Die Erschütterungen waren im 250 Kilometer entfernten Casablanca, in der Hauptstadt Rabat und sogar in der Hafenstadt Tanger, ganz im Norden des Landes an der Straße von Gibraltar, zu spüren. Es war das schwerste Erdbeben in Marokko seit 100 Jahren. In Marrakesch sackten mehrstöckige Wohnhäuser in sich zusammen. Die Menschen flüchteten in Panik. Die Koutoubia-Moschee aus dem 12. Jahrhundert, ein Wahrzeichen der Stadt, wurde beschädigt. Selbst die faszinierende rote Stadtmauer, ein mehrere Meter dicker Wall aus derselben Epoche, hielt nicht stand. Er brach an einigen Abschnitten völlig ein.

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