Kulturerbe.

Der ORF als Bühne: „Kultur für alle“

„Millionenpublikum“ für den Kultursommer: Roland Weißmann, hier in Grafenegg.
„Millionenpublikum“ für den Kultursommer: Roland Weißmann, hier in Grafenegg.Andreas Tischler
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ORF-Generaldirektor Roland Weißmann versteht den ORF als „größten Kulturvermittler des Landes“. Ein Gespräch über öffentlich-rechtliche Verantwortung, die Einstellung von Fidelio und warum Kultur kein Nischenprodukt ist.

Traditionell übernimmt der ORF bei der „Austria“-Verleihung die Schirmherrschaft über die Kategorie „Kulturerbe“. Aber was zählt da eigentlich alles dazu? „Keine einfache Frage, die sicher viele unterschiedliche Antworten zulässt, je nach den persönlichen Vorlieben“, meint ORF-Generaldirektor Roland Weißmann. Es gebe ein reiches Kulturschaffen in Österreich – von Musik über Literatur und Theater bis hin zu Film und bildender Kunst. „Wahrscheinlich zeichnet gerade diese große Vielfalt das heimische Kulturerbe besonders aus.“

Der ORF habe als öffentlich-rechtliches Medium eine besondere Verantwortung. Er sei mit seinen Programmen der „größte Kulturvermittler des Landes“, mit Angeboten von der ORF-TV-Kultur, ORF III und 3sat über Ö1, FM4, die Landesstudios bis hin zum Radio-Symphonieorchester, ORF.at und ORF Topos. „Wir versuchen, dem gesamten Kulturgeschehen in Österreich eine Bühne zu bieten.“ Kultur sei traditionell unverzichtbarer Bestandteil eines „ORF für alle“, wie er ihn definiere, sagt Weißmann. „Damit ist die Kultur im ORF natürlich nicht auf Nischen beschränkt.“ Kulturangebote würden sehr gut angenommen. „Allein mit den Übertragungen unseres Kultursommers erreichen wir ein Millionenpublikum.“ Dass der ORF im Herbst zwei seiner Angebote vom Markt nimmt – die Klassikplattform Fidelio und Flimmit werden eingestellt – liege an der Gesetzeslage. „Dem ORF ist es ab 1. Jänner 2024 gesetzlich nicht mehr gestattet, Plattformen wie Fidelio und Flimmit anzubieten. Das neue ORF-Gesetz bringt Online – neben zahlreichen neuen Beschränkungen – in gewissen Bereichen auch neue Möglichkeiten, die wir natürlich entsprechend nutzen wollen.“

Weißmann ist ein deklarierter Filmfan. „Schon von Berufs wegen“, wie er sagt, war er doch viele Jahre Chefproducer des ORF, der der größte Auftraggeber der heimischen Filmwirtschaft ist. „Wir werden sicher Mittel und Wege finden, unsere Film- und Serienschätze dem Publikum noch besser zugänglich zu machen“, verspricht er. Die Partnerschaft zwischen dem ORF und Filmschaffenden habe eine lange Tradition, aus der eine Vielzahl auch international prämierter Produktionen hervorgegangen sei. „Der ORF investiert jährlich rund 100 Millionen Euro in heimische Produktionen. Ich stehe dafür, diesen erfolgreichen Weg auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten fortzusetzen.“

Mit seinem Archiv verwaltet der ORF auch ein wichtiges Erbe. Weißmann nennt es „das audiovisuelle Gedächtnis des Landes“. Das neue Gesetz räume dem ORF in öffentlich-rechtlichen Kernbereichen „etwas mehr Spielraum“ ein: So dürfen künftig z. B. alle Eigenproduktionen für sechs Monate angeboten werden, darüber hinaus Dokumentationen und Sendungen für Kinder sogar unbefristet. Die Online-Möglichkeiten des ORF seien aber „nach wie vor eng begrenzt“.

Apropos Kinder: Das ORF-Gesetz gibt dem ORF auch die Chance, einen digitalen Kinderkanal anzubieten. „Die Arbeiten laufen auf Hochtouren“, sagt Weißmann. Der neue Kids-Screen werde ab 2024 pädagogisch hochwertiges Programm für Kinder anbieten – in einem Online-Stream und auf Abruf in der Kids-Mediathek, die laufend ausgebaut werden soll. Im Fokus stehen Wissen, Information, Unterhaltung und Service. „Selbstverständlich wird auch Kultur einen Platz haben – wie etwa mit einer Weiterentwicklung von ,Rolf Rüdiger entdeckt die Musik‘.“ In dem Format mit Teresa Vogl soll Kindern in Zusammenarbeit mit dem RSO die Welt der Klassik nähergebracht werden.

Kooperation mit Privatsendern

Bereits gestartet ist die ORF-Audioplattform Sound. Auch die Kulturplattform ORF Topos ist online. Der ORF-Player hingegen – eine Streamingplattform, auf der alle ORF-Angebote gebündelt werden sollen – lässt auf sich warten. „Wir haben realisiert, was aktuell gesetzlich möglich ist“, sagt Weißmann. „Anfang des kommenden Jahres folgt mit der neuen ORF-Streaming-Plattform der nächste Schritt“. Und warum kooperieren ORF und Privatsender so wenig, stehen ihnen doch mit den internationalen Streamern dieselben Konkurrenten gegenüber? Weißmann bekennt sich zur Kooperation. Er sei „ein Teamplayer“. Der ORF und die Privatsender hätten schon eine Reihe gemeinsamer Projekte realisiert, etwa die APA-Videoplattform, das „Gamechangers“-Festival oder die fallweise Zusammenarbeit bei den Sportrechten. „Diesen Weg müssen wir weitergehen.“

Bleibt die Frage, welche Kulturangebote Weißmann diesen Herbst nutzen wird. „Ich habe zum Glück einen sehr breit gefächerten Kulturgeschmack und freue mich auf einen schönen, kulturintensiven Herbst.“ Und was sollten wir aus seiner Sicht auf keinen Fall versäumen? „Ein besonderes Highlight wird in jedem Fall die ,Turandot‘ aus der Staatsoper bei uns in ORF 2 sein. Selbstverständlich gehören auch Besuche bei RSO-Konzerten dazu, oder Volksmusik, Schlager- und Popkonzerte, denen wir im ORF eine Bühne geben. Ganz nach dem Motto: Kultur für alle.“

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