Klimainitiative

Öko-Kraftwerke sind nicht genug

„Jede grüne Kilowattstunde in Europa ist gut“, sagt Michael Strugl.
„Jede grüne Kilowattstunde in Europa ist gut“, sagt Michael Strugl.Clemens Fabry
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Österreich braucht 2030 mehr sauberen Strom als gedacht. Kraftwerke, Netze und Speicher müssen gleich rasch entstehen.

In einem Jahr, das für Österreich erneute Ausbaurekorde für erneuerbare Energien bringen wird, sind Skeptiker in der Unterzahl. Immerhin rücke das Ziel, Österreich 2030 bilanziell mit Ökostrom versorgen zu können, damit erstmals in Griffweite, jubelt die Politik. Doch wer das Mammutprojekt Energiewende im Detail betrachtet, kommt nicht umhin, die Euphorie etwas zu bremsen. Ja, der Ausbau der Erneuerbaren im Land nimmt Gestalt an. Aber schon für das bisherige Ausbauziel bis 2030 ist das Tempo immer noch zu langsam, kritisiert die Branche seit Jahren. Und nun hat sich dieses Ziel auch noch, weitgehend unbemerkt, kräftig verschärft.

„Der jüngst vorgelegte Entwurf des österreichischen Netzinfrastrukturplans geht von einer Steigerung des Strombedarfs von 71 Terawattstunden im Jahr 2020 auf 125 TWh im Jahr 2040 aus. Die Erneuerbaren-Erzeugung soll entsprechend stark zulegen, bis 2030 um 39 statt der 27 TWh gemäß Erneuerbaren Ausbaugesetz, bis 2040 um 69 TWh“, sagt Verbund-Chef Michael Strugl. „Damit das alles realisiert werden kann, müssen dringend die notwendigen Flächen zum Bau der vielen zusätzlich benötigten Windkraft- und Fotovoltaikanlagen ausgewiesen werden.“

Bisher scheitern viele Ökostromprojekte daran, dass sich die Bundesländer nicht festlegen wollen, wo künftig die Wind- und Solarparks stehen dürfen. Auch die Genehmigungsverfahren für derartige Projekte dauern immer noch zu lang. Zwar hat die Politik beim UVP-Gesetz nachgebessert. „Aber ein Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungsgesetz fehlt immer noch“, mahnt Strugl.

Netze stärken

15 Milliarden Euro will sein Unternehmen in den kommenden zehn Jahren in die Energiewende investieren. Ein guter Teil davon fließt aber nicht in den Ausbau von Wind- und Solarparks, sondern in bessere Speicher und die Stärkung der Stromnetze, um auch die Versorgungssicherheit des Wirtschaftsstandorts zu garantieren. Schon heute zeigt sich, dass viele regionale Netzbetreiber mit dem plötzlichen Anstieg an Stromüberschüssen aus Erneuerbaren-Anlagen überfordert sind und die Mengen unkontrolliert in das Übertragungsnetz zurückspeisen.

„Allein im Juli 2023 musste unsere Netztochter Austrian Power Grid an 25 Tagen in die heimische Stromversorgung eingreifen und kontrolliert thermische oder hydraulische Kraftwerke einsetzen, um Überlastungen im Netz zu verhindern“ , sagt Michael Strugl. Um die Energiewende zu stemmen, müssten Erzeugungsanlagen, Transportnetze und Speicher synchron ausgebaut werden. Gigantische Mengen an Solarstrom im Sommer bedeuten für sich genommen noch keine grüne Wende für das Land. Erst wenn dieser Strom auch zu den Verbrauchern gebracht oder etwa in Form von grünem Wasserstoff gespeichert werden kann, ist die Übung geglückt.

Grüner Strom aus Spanien

Noch ist das Land davon weit entfernt. Erst kürzlich scheiterte auch der Verbund mit einem geplanten Windkraftprojekt in der Steiermark am Widerstand der lokalen Bevölkerung. „Wir brauchen in Österreich einen noch viel stärkeren Konsens, dass der Ausbau des erneuerbaren Energiesystems ein gemeinsames gesellschaftliches Projekt ist, das von allen mitgetragen werden muss“, fordert der Manager. Der Wasserkrafterzeuger plant, bis 2030 rund ein Viertel seiner Produktion mit Wind- und Sonnenkraft decken zu können.

Nur in Österreich ist das für den Konzern angesichts der Umstände kaum zu schaffen. Stattdessen expandiert Verbund nach Spanien und Italien, kauft dort große Solar- und Windkraftprojekte auf. „Natürlich würden wir gern vermehrt in heimische Wind- und Solarkraft investieren“, sagt Michael Strugl. Schlechter sei der saubere Strom, der in Spanien oder Italien produziert werde, aber nicht. „Wir agieren in einem europäischen Stromsystem, deswegen ist auch jede grüne Kilowattstunde, die wir in Europa erzeugen, gut und wichtig für die Energiewende. (auer)

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