Offener Brief

Künstler rügen die Regierung: Die Kulturszene vernetzt sich beim Klimaschutz

Valerie Huber will ihre Prominenz nutzen, um in Sachen Klimaschutz mehr Druck aufzubauen - und schart dafür einige Kolleginnen und Kollegen um sich.
Valerie Huber will ihre Prominenz nutzen, um in Sachen Klimaschutz mehr Druck aufzubauen - und schart dafür einige Kolleginnen und Kollegen um sich.Imago
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Über 50 namhafte Kulturschaffende kritisieren in einem Appell die Untätigkeit der Regierung beim Klimaschutz. Initiiert hat die Aktion die Schauspielerin Valerie Huber.

Von Verena Altenberger bis Wolfgang Ambros, von Mirjam Weichselbraun bis Thomas Brezina, von Birgit Minichmayr bis Stefan Ruzowitzky: Über 50 Akteure aus der österreichischen Kulturbranche fordern die Bundesregierung in einem offenen Brief dazu auf, noch vor dem Wahlkampf Klimaschutzmaßnahmen zu beschließen. „Nie hat Europa einen Sommer wie den des Jahres 2023 erlebt“: So wird in dem Schreiben auf die vielen Brand- und Hochwasserkatastrophen hingewiesen.

„Trotz all der gravierenden Auswirkungen der menschengemachten Klimakrise hat sich die österreichische Regierung bis dato geweigert, die in ihrem Wirkungsbereich notwendigen Maßnahmen und Gesetze zu beschließen, um die Erderhitzung zu stoppen“ Konkret gefordert werden: ein „wirksames, sozialgerechtes Klimaschutzgesetz“, der Öffi-Ausbau, mehr erneuerbare Energien und eine höhere CO2-Bepreisung. Das Schreiben wurde gemeinsam mit Wissenschaftlern erarbeitet und wird von Fridays for Future Austria unterstützt.

Initiiert hat die Aktion die österreichische Schauspielerin Valerie Huber („Klammer“, „Kitz“), die Fridays for Future schon länger unterstützt. „Ich gehe schon lange auf die Demos, ich finde die Sache toll.“ Seit einem Monat trommelt sie nun eine Runde von Kulturschaffenden zusammen. „In Deutschland sprechen sich die Künstlerinnen und Künstler viel öfter über politische Themen ab“, sagt sie der „Presse“. In Österreich habe es eine derartige gemeinsame Positionierung noch nicht gegeben. „Das Scheitern der Politik in dieser Sache muss auch von uns ganz klar kritisiert werden.“

Ein Künstler holte den nächsten an Bord

Also rief Huber ihr Adressbuch durch, ein Kontakt holte den nächsten ins Boot. Michael Ostrowski, Hilde Dalik, Hubert von Goisern, Mavie Hörbiger, Marie Kreutzer, Ursula Strauss und Simon Schwarz sind einige der Unterzeichner. „Ich bin gut mit Antonia Moretti befreundet, die hat ihren Vater Tobias Moretti gefragt“ – auf diese Art kam eine namhafte Liste von Personen zusammen, die ihre Prominenz nutzen wollen. Auch um den Diskurs in ein anderes Licht zu rücken, sagt Huber: „Klimaaktivismus hat in letzter Zeit eine gewisse Polarisierung ausgelöst.“ Klimakleber-Aktionen sorgten mitunter für Rage. Dabei betreffe das Thema Klimaschutz alle. Ihre Plattform zu nutzen, sei für Huber auch eine soziale Verantwortung: „Wir können es nicht zulassen, dass die Politiker immer noch diese Krise verharmlosen.“

Hilfe bekam sie von der in Wien aufgewachsenen, in Berlin lebenden Kollegin Luisa-Céline Gaffron. Sie hat in Deutschland einen ähnlichen Appell anlässlich der Besetzung des Braunkohle-Standorts Lützerath initiiert. Nun arbeitet sie daran, auch in Österreich ein Netzwerk von Kulturschaffenden aufzubauen, die sich für Klimaschutz engagieren wollen. „In Deutschland gibt es da schon eine breit aufgestellte Gruppe. In Österreich muss die Community erst wachsen.“ Zwei Vernetzungstreffen gab es in Wien schon, bei denen Künstler sich mit Wissenschaftlern und Aktivisten von Fridays For Future austauschen konnten.

„Da kann man sich noch so einsetzen als Schauspielerin“

Dabei gehe es auch darum, dass Kulturschaffende ein Rüstzeug dafür bekommen, wie sie ihre Handlungsspielräume nutzen können. „Die meisten, die sich engagieren, tun in ihrem Bereich eh schon viel“, sagt Gaffron. Doch oft würden sie dabei an Grenzen stoßen: So brauche es etwa für eine umweltschonendere Energieversorgung bei Filmdrehs eigene Genehmigungen von den Städten. „Das dauert so lange, dass man den Film schon zu Ende gedreht hat, bis die Genehmigung da ist. Da kann man sich noch so einsetzen als Schauspielerin.“

Also müsse man „den Leuten klarmachen, dass man strukturelle Lösungen braucht.“ Sie hofft, das durch den Einsatz der Prominenten auch die restliche Bevölkerung animiert wird, mehr Druck auf die Politik auszuüben. „Es gibt Leute im Parlament, die dasselbe vertreten – aber die brauchen auch den Druck aus der Gesellschaft, die sagt: Wir wollen das auch. Wir wollen, dass ihr auf die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler hört.“

Der Zeitpunkt für den offenen Brief der Kulturschaffenden ist nicht zufällig gewählt: Am Freitag, 15.9., findet ein weltweiter Klimastreik von Fridays For Future statt, auch in vielen österreichischen Städten sind Kundgebungen geplant. Der Brief mag an die Bundesregierung adressiert sein – sein Zweck ist auch, möglichst viele Menschen dazu zu inspirieren, am Protest teilzunehmen.

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