Der sagenhafte Aufstieg von Lenovo

The ThinkPad maker Lenovo´s logo is seen at an electronic shop in Tokyo
The ThinkPad maker Lenovo´s logo is seen at an electronic shop in Tokyo(c) REUTERS (Kim Kyung Hoon / Reuters)
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Was steckt hinter der Wachstumsstrategie des chinesischen Vorzeigekonzerns?

Kann ein Weltkonzern einer Bildungseinrichtung gehören? In China schon. Die Chinesische Akademie der Wissenschaften (CAS), eine der wichtigsten staatlichen Denkfabriken des Landes, hatte den Firmengründern einst beim Start geholfen und ist bis heute wichtigster Aktionär von Lenovo, dem weltgrößten Hersteller von Personal Computer. Nun Lenovo wird immer größer.

Vor rund einer Woche kündigte das Unternehmen an, für 2,3 Milliarden Dollar eine wichtige Serversparte von IBM zu übernehmen. Der Deal war die bislang größte Übernahme eines Technikunternehmens aus China. Nun wird Lenovo von Google auch das Handygeschäft von Motorola übernehmen - für 2,91 Milliarden Dollar.

PC-Markt schrumpft

Der Expansionsdrang des chinesischen Unternehmens kommt nicht von ungefähr. 2005 übernahm Lenovo die PC-Sparte von IBM. Innerhalb von einem Jahr vervierfachte das Unternehmen seinen Umsatz und stieg zum größten PC-Hersteller auf. Der PC-Markt schrumpft aber. Daher will Lenovo über sein bisheriges PC-Geschäft hinauswachsen und ist nun auf der Suche nach neuen Geschäftsfeldern.

Bereits im vergangenen Jahr hat Firmenchef Yang Yuanqing die Geschäftsstruktur neu aufgestellt und von zwei auf vier Sparten ausgeweitet. Neben der PC-Sparte und der Serversparte für Unternehmen will Lenovo auch im Mobilgeschäft und in der Cloud-Sparte zu den Weltmarktführern aufsteigen. In China verkauft Lenovo schon seit einiger Zeit auch erfolgreich Smartphones und Tablets. Aber auch im Cloud-Sektor macht das chinesische Unternehmen seinen Konkurrenten immer mehr Marktanteile abspenstig. Der Cloud-Führer IBM erlitt im vergangenen Quartal in der Volksrepublik einen Umsatzeinbruch von 23 Prozent.

Die Zahl ist deshalb bedeutend, weil sie sinnbildlich für die gescheiterte Strategie von IBM steht. Die Amerikaner hatten ihre PC-Sparte 2005 nur deshalb an Lenovo verkauft, um sich auf den erfolgversprechenden Server- und Dienstleistungssektor für Firmen konzentrieren zu können. Das misslang. Die IBM-Server-Sparte gehört nun mit dem Deal der vergangenen Woche ebenfalls zu Lenovo.

Chinas Vorzeigeunternehmen

Lenovo gilt in China als Vorzeigeunternehmen. Junge chinesische Wissenschaftler hatten 1984 mit finanzieller Unterstützung der Chinesischen Akademie der Wissenschaften - also mit Hilfe des Staates - die Firma unter dem Namen Legend gegründet. Zunächst vertrieben sie lediglich Rechner und Drucker von IBM und Hewlett Packard in China. Eigene Geräte fertigten sie erst Ende der achtziger Jahre.

Doch schon im Jahr 2004 war Lenovo in China Marktführer. Der Weltmarktanteil lag hingegen noch bei mageren 2,3 Prozent. Das änderte sich schlagartig mit dem Kauf von IBMs PC-Sparte. Deren weltweiter Marktanteil lag bei rund sechs Prozent. Lenovo konnte den Wert bald verdoppeln. Heute zählt Lenovo 27.000 Mitarbeiter und verkauft 17 Prozent aller weltweit vertriebenen PCs. Der Umsatz lag im Geschäftsjahr 2012 bei fast 30 Milliarden Dollar. Lenovo ist seit 2011 Mehrheitseigner des Aldi-Lieferanten Medion und damit auch auf dem europäischen Markt stark vertreten.

IBM-Server durch Späh-Affäre vorbelastet

Analysten gehen davon aus, dass Lenovo auch die nun übernommenen x86-er Server von IBM sehr viel besser verkaufen wird als die Amerikaner. Ein Grund könnte die Späh-Affäre der US-Geheimdienste sein. IBM gilt nun als vorbelastet. Zwar tauchen immer wieder Hinweise auf, dass auch chinesische Firmen und der chinesische Staat in großem Umfang weltweit fremde Firmenserver abzapfen. Eindeutig erwiesen ist das aber bislang nicht. China hatte bislang noch keinen Snowden.

Zumindest was den Verkaufspreis der x86-Sparte betrifft, haben die Snowden-Enthüllungen IBM geschadet. Vor den Enthüllungen hatte Lenovo schon einmal Kaufinteresse gezeigt. IBM wollte vergangenes Jahr noch rund sechs Milliarden Dollar für das Tochterunternehmen und gab an, rund vier Milliarden mit diesem Geschäft zu erwirtschaften. Jetzt verkauft IBM die Sparte nur noch für etwas mehr als ein Drittel des ursprünglichen Preises.

Mit Lenovos Übernahme der Handysparte von Motorola will das chinesische Unternehmen vor allem in den USA punkten und Samsung und Apple ihre Spitzenplätze streitig machen. Chinesische Marken haben in den USA bislang einen schweren Stand. Motorola hingegen war lange Zeit sehr beliebt. "Wir wollen ein Global Player im Smartphone-Bereich werden", kündigte Lenovo-Chef Yang dem Wall Street Journal nach Bekanntgabe des Deals. Bereits in einem Jahr soll Lenovo 100 Millionen Telefone weltweit verkaufen. Die Marke Motorola sei eine "Abkürzung" auf den amerikanischen Markt.

Ob seine Kalkulation aufgeht, bleibt abzuwarten. Motorola-Handys verkauften sich zuletzt auch in den USA schlecht. Aber auch bei dieser Übernahme macht Lenovo ein Schnäppchen. Als Google vor zwei Jahren Motorola-Mobility kaufte, musste der Internet-Gigant noch 12,5 Milliarden Dollar hinblättern. Jetzt bezahlt Lenovo ebenfalls nur noch rund ein Drittel.

Die Staatshilfe von damals hat sich ausgezahlt: Chinas Akademie der Wissenschaften wird immer vermögender.

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