Google stärkt Chinas Handymarkt

Phones with wooden backs on them rest in a display at a launch event for Motorola´s new Moto X phone in New York
Phones with wooden backs on them rest in a display at a launch event for Motorola´s new Moto X phone in New York(c) REUTERS (Lucas Jackson / Reuters)
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Mit Motorola wird eine weitere Ikone amerikanischer Computertechnik nach China verkauft.

Mountain View/Wien. Als Google 2011 mit Motorola den größten Zukauf seiner Firmengeschichte ankündigte, war schnell klar, worum es eigentlich ging: um das riesige Patentportfolio, das die Munition für die zahllosen Rechtsstreitigkeiten, die vor Gerichten in vielen Ländern ausgetragen wurden, liefern sollte. 12,5 Mrd. Dollar war Google das wert. Die nicht benötigten Teile der Firma wurden nach und nach wieder verkauft: Zuerst der Bereich der TV-Empfangsboxen, der um 2,35 Mrd. Dollar vergangenen Dezember an Arris ging. Und jetzt mit der Smartphone-Sparte das Kerngeschäft selbst.

Und zwar an den chinesischen Computerkonzern Lenovo um 2,91 Mrd. Dollar. Lenovo wollte Motorola bereits 2011 übernehmen. Angeblich scheiterte der Deal an der falschen Ansprechperson. Wenig später schlug Google zu. Lenovo-Boss Yang Yuanqing wollte allerdings nicht so schnell aufgeben und deponierte sein großes Interesse an Motorola erneut: bei Googles Vorstandsvorsitzender Eric Schmidt, den er auf ein informelles Essen bei sich zu Hause einlud, wie Yang dem „Wall Street Journal" verriet.
Es folgten Bemühungen um die ebenfalls schwer angeschlagene Smartphone-Sparte von Blackberry. Die kanadische Regierung verhinderte eine Übernahme.

Vergangenen November erhielt Yang schließlich einen Anruf von Schmidt, der ihm Motorola anbot. Inzwischen hatte Google der Ausflug in das Handygeschäft einen Verlust von 1,5 Mrd. Dollar eingebrockt. Aber das war wohl nicht der eigentliche Grund für den Verkauf. Google hat sich mit Lenovo einen Käufer ausgesucht, der mit der starken amerikanischen Marke Motorola das Potenzial hat, neben Apple und Samsung zu einem Schwergewicht auf dem Smartphone-Markt zu werden.

Vorgemacht hat Lenovo das bereits mit der ehemaligen IBM-Marke ThinkPad auf dem PC-Markt. Noch kämpft Lenovo mit der chinesischen Firma Huawei und der koreanischen LG mit je rund fünf Prozent Markanteil um Platz drei bei Smartphones. Die US-Marke könnte das Rennen vor allem in den wichtigen westlichen Märkten entscheiden, wo chinesischen Herstellern noch mit Zurückhaltung begegnet wird. Für Googles mobiles Betriebssystem Android kann das nur gut sein. Derzeit laufen fast 80 Prozent aller Smartphones mit Android. Apple kommt mit iOS auf einen Anteil von knapp 15 Prozent.

Vor dem Anruf bei Lenovo-Chef Yang kümmerte sich Google noch darum, dass Motorola konkurrenzfähige Android-Smartphones bauen kann. Das „Moto X" und das günstigere „Moto G" blieben zwar Ladenhüter, wurden aber von allen Seiten gelobt. Dass sie floppten, lag wohl eher an der geringen Aufmerksamkeit, die Google der Vermarktung widmete. Das Ziel war schließlich ein anderes.

Spionagevorwürfe als Hürde

An der Börse kam der Motorola-Verkauf für Google gut an. Die Aktie legte nachbörslich an der Wall Street um 2,6 Prozent zu. Für Lenovo ging es hingegen in Hongkong bergab. Das Papier rutschte um mehr als acht Prozent nach unten. Anleger fürchten, dass der Preis für Motorola zu hoch gewesen sein könnte. Noch ist auch unklar, ob die Behörden in den USA und China die Übernahme genehmigen. Dass Lenovo erst kürzlich auch den Kauf eines weiteren Teils von IBM, des Servergeschäfts, angekündigt hat, könnte zusätzlich für Schwierigkeiten sorgen. Und das Verhältnis der beiden Länder ist ohnehin angespannt. Die USA werfen chinesischen Firmen gern Spionage für ihre Regierung vor - Huawei kann da ein Lied davon singen -, und umgekehrt sorgte die Abhöraffäre rund um die NSA für Unstimmigkeiten.

Im dritten Quartal fuhr der Konzern trotz der Motorola-Verluste einen Gewinn von fast drei Mrd. Dollar ein. Analysten rechnen für das Schlussquartal 2013 mit knapp 4,2 Mrd. Gewinn.

Google wird den Hardware-Markt nicht komplett hinter sich lassen. Im Gegenteil. Um mehr als drei Mrd. Dollar übernimmt der Konzern mit Nest eine kleine Firma, die sich auf die Herstellung „smarter" Thermostate spezialisiert hat. Interessiert ist Google vor allem an dem Team der Firma. Nebenbei hat Google zudem zahlreiche Unternehmen übernommen, die sich mit den Themen Roboter und Automatisierung beschäftigen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.01.2014)

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