Die Geschenke der Verfassungsrichter

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Bei der Reparatur der Grunderwerbssteuer könnte sich die SPÖ am Vorbild der ÖVP orientieren – sollte sie aber nicht.

Gerade einmal sieben Jahre ist es her, dass der Verfassungsgerichtshof der ÖVP ein Geschenk gemacht hat. Die Höchstrichter waren damals zwar keineswegs der Meinung, dass die Erbschaftssteuer abgeschafft gehört, sondern hielten nur die Art der Berechnung für gleichheitswidrig: Bei Grundstücken und Immobilien wurde nämlich die Steuer nicht nach dem wahren Wert berechnet, sondern nach dem besonders günstigen Einheitswert. Gestört hat die Verfassungsrichter nicht, dass dieser Einheitswert (und damit die Steuer) niedrig war, sondern dass er seit Jahrzehnten nicht mehr erhoben wurde. Dass es bei der Steuer also nicht darauf ankam, was das Erbe aktuell wert war, sondern welchen Wert es Jahrzehnte davor gehabt hatte.

Eine Reparatur der Erbschaftssteuer wäre damals problemlos möglich gewesen, doch die ÖVP nahm die Vorlage des VfGH dankend an und benutzte das Erkenntnis dazu, die von ihr abgelehnte Erbschaftssteuer gänzlich abzuschaffen: Sie verweigerte damals als Juniorpartner in der Großen Koalition einfach eine Neuregelung der Bestimmungen – und damit war das Gesetz aufgehoben, die Steuer obsolet. Die SPÖ, damals noch mit Parteichef Alfred Gusenbauer, fand keinen Weg, die Blockade zu brechen. Erben kostet seit damals nichts mehr.


Die Geschichte wiederholt sich nun mit umgekehrten Vorzeichen, diesmal macht der Verfassungsgerichtshof der SPÖ ein ähnliches Geschenk: Wieder geht es um das Vererben von Immobilien, jetzt aber um die Grunderwerbsteuer. Auch diese wurde bisher nach dem günstigen Einheitswert berechnet, was für den Verfassungsgerichtshof auch in diesem Fall konsequenterweise gleichheitswidrig ist. Und auch hier hat der Verfassungsgerichtshof nichts gegen die Intention des Gesetzes, Erben zu begünstigen, nur müsste das anders geregelt werden – etwa mit einem reduzierten Steuersatz.

Für die SPÖ, die mit ihrem Wunsch nach Vermögen- und Erbschaftssteuern bei den Koalitionsverhandlungen abgeblitzt ist, liegt die Verlockung nahe, die ÖVP-Taktik aus dem Jahr 2007 anzuwenden: Wenn man das Gesetz einfach nicht repariert, dann müssen Erben die normale Grunderwerbsteuer von 3,5 Prozent zahlen. Das wäre zumindest so etwas wie eine „Erbschaftssteuer light“.

Trotzdem sollte es sich die SPÖ gut überlegen, ob sie diesen Weg beschreiten will. Denn die höhere Grunderwerbsteuer weicht in ihrer Konzeption in einem ganz wesentlichen Punkt von den von der SPÖ propagierten Vermögensteuern ab: Sie würde alle treffen. Die SPÖ behauptet ja immer, Vermögensteuern für „die Reichen“ einführen zu wollen. Vermögen ab einer Million Euro sollen betroffen sein, so die Ansage von Bundeskanzler Werner Faymann im Wahlkampf. Eine höhere Grunderwerbsteuer müsste aber auch für jede kleine Eigentumswohnung bezahlt werden.

Und noch ein Gegenargument ist zu beachten: Es geht hier nicht um die oft zitierte Senkung der Steuern auf Arbeit bei gleichzeitiger Erhöhung vermögensbezogener Abgaben. Sondern es geht rein um ein weiteres Drehen an der Steuerschraube.


Sinnvoller wäre eine Reparatur im Rahmen einer großen Steuerreform – und zwar einer, die diesen Namen wirklich verdient. Eine Reform, die sich nicht darauf konzentriert, einzelne Tarife zu senken, sondern die tatsächlich in die Architektur des Steuersystems eingreift. Wenn Arbeit steuerlich entlastet wird, ist es durchaus möglich, Vermögen anzugreifen – auch aus Gerechtigkeitsgründen. Am aktuellen Beispiel: Es ist schwer argumentierbar, dass jemand, der sich aus hoch besteuertem Arbeitseinkommen eine Immobilie kauft, dabei steuerlich auch noch schlechter gestellt ist als ein Erbe.

Die große Steuerreform steht zwar auf der Agenda der Koalition, ob sie Realität wird, darf allerdings bezweifelt werden. Denn notwendig wäre, sie als gemeinsames Projekt anzulegen. Wenn beide Seiten nur versuchen, ihre jeweilige Klientel zu bedienen, wird wohl nichts daraus. Und danach sieht es derzeit aus.

E-Mails an:martin.fritzl@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.02.2014)

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