Für Staatshaushalt: Portugal versteigert 85 Werke von Miró

Christie's Auktion
Christie's AuktionAPA/EPA/DIVYAKANT SOLANKI
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In London kommen 85 Werke von Joan Miró unter den Hammer. Die erwartete Verkaufssumme von 36 Mio. Euro halten viele Portugiesien für "lächerlich".

Während Portugal über Wege zur Geldbeschaffung nachdenkt, geht ein Kunstverkauf für einige Staatsbürger jedoch zu weit. Die Regierung in Lissabon will 85 Werke von Joan Miró unter den Hammer bringen und damit mindestens 36,6 Mio. Euro einnehmen. Diese Summe wird von Künstlergruppen und einigen Politikern jedoch als "lächerlich" abgetan.

Die Kunst des Katalanen gehörte einst der Banco Português de Negócios, kurz BPN, die im Jahr 2008 verstaatlicht wurde. Die Arbeiten des bekannten Künstlers sollten ursprünglich am 4. und 5. Februar von Christie’s International in London versteigert werden. Christie's erklärte am späten Nachmittag jedoch, aufgrund der "juristischen Unsicherheiten", die durch den Streit zwischen dem portugiesischen Staat und den Abgeordneten der Opposition entstanden seien, könne der Verkauf am Abend nicht wie geplant stattfinden. "Wir haben gegenüber unseren Kunden die Verantwortung, ihnen die Eigentumsrechte ohne Probleme zu übertragen", hieß es in der Erklärung zur Begründung.

"Nicht alle Tage"

Zuvor hatte es heftige Kritik gegeben. "Die Dinge sind an einem Punkt angelangt, an dem wir vielleicht sogar darüber nachdenken sollten, die Stühle zu verkaufen, auf denen wir sitzen", sagt die 53-jährige Künstlerin Ana Perez-Quiroga in der portugiesischen Hauptstadt. "Diese Sammlung in Portugal zu haben ist doch außergewöhnlich. Man bekommt ja nicht alle Tage 85 Miró-Werke in die Hände."

Portugal will so wie schon Irland einen Schlussstrich unter sein Kapitel in der europäischen Schuldenkrise ziehen. Das Land, das vor knapp drei Jahren unter den Rettungsschirm geschlüpft war, nähert sich mit der Auktion von Staatsanleihen in diesem Monat langsam dem Ende seines Rettungsprogramms. Jüngst erntete das Land auch das Lob der Ratingagentur Standard & Poor’s.

Unterschriftenaktion

Die Gemälde, Skulpturen, Zeichnungen und Kollagen von Miró haben den Galerie-Kurator Carlos Cabral Nunes dazu veranlasst, eine Online-Unterschriftenaktion zu starten. Die Oppositionsparteien der Sozialisten und Kommunisten haben das Ganze auch ins Parlament eingebracht - jedoch ohne Erfolg. Am 17. Januar wurde ihr Antrag von der Regierungskoalition abgewiesen. Vergangene Woche hat dann eine Gruppe von Abgeordneten vor einem Verwaltungsgericht in Lissabon eine einstweilige Verfügung beantragt.

"Kunst sollte nicht wie eine Währung behandelt werden; wir wollen Kunst nicht auf diese Weise betrachten", sagt Gabriela Canavilhas, eine der Parlamentarier und ehemalige Kulturministerin in der früheren sozialistischen Regierung.

"Damit behandelt man die Kunst noch schlechter als einen Hund."Der in Barcelona geborene Miró, der für seine farbenfrohen Akzente bekannt ist, verstarb 1983. Die zum Verkauf stehenden Arbeiten umfassen sieben Jahrzehnte seiner Künstler-Karriere.

Aus japanischer Sammlung

Die Gemälde erstand BPN laut Verkaufskatalog zwischen 2003 und 2006 aus einer Privatsammlung in Japan. Sie wurden in Portugal noch nie öffentlich gezeigt.

Christie’s rechnet laut einer Mitteilung vom Dezember bei dem Verkauf mit einer Auktionssumme von mehr als 30 Mio. Pfund (36,6 Mio. Euro). Das teuerste Gemälde trägt den Namen "Femmes et Oiseaux" und dürfte zwischen 4 Mio. Pfund und 7 Mio. Pfund einbringen. Die Kunstsammlung sei “eines der teuersten und beeindruckendsten Angebote von Werken des Künstlers, die jemals versteigert wurden”, teilte das Auktionshaus mit.

Kritik hagelt es auch, weil alle Werke gleichzeitig unter den Hammer kommen sollen. Portugal könne mehr Geld verdienen, wenn die BPN-Sammlung schrittweise im Laufe der Zeit verkauft werde, meint die sozialistische Abgeordnete Ines de Medeiros.

"Fast 100 Mirós einfach so auf den Markt zu bringen, auf einen Schlag, wird die Sammlung und alle anderen jetzt am Markt verfügbaren Mirós unterbewerten", erklärte Medeiros am 13. Januar. "Die Mirós so in einem zu verkaufen, als wären es Industriewaren, macht einfach keinen Sinn. Das ist das schlechteste Geschäft der Welt."

Erlös "unerheblich"

Nach Einschätzung von Cabral Nunes, Organisator der Unterschriftenliste und Direktor der Perve Galeria Lissabon, würde mit der Miró-Sammlung im Lande innerhalb von zwei Jahren dieselbe Summe verdient werden, die die Regierung bei der Auktion in dieser Woche erwarte.

Der Verkaufserlös sei "unerheblich" und würde "sofort nach dem Verkauf verschwinden", sagt er. "Das würde für das Land keinen Gewinn darstellen."

(Bloomberg)

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