Die Pfuscher von der Tunnelbaustelle

Wer mit Milliarden jongliert, sollte ein bisschen sorgfältiger sein.

Es gibt Argumente, die für den Bau des Semmering-Tunnels sprechen. Und es gibt eine Reihe von sehr stichhaltigen Gegenargumenten. Als der Verwaltungsgerichtshof jetzt einen Baustopp erzwang, spielten sie alle keine Rolle. Da ging es vielmehr um Kinkerlitzchen wie eine fehlende Lärmberechnung für einen Naturteich, einen Sachverständigen ohne entsprechende Qualifikation, die falsche Bewilligung für eine Deponie etc.

I-Tüpfelreiterei, die ein Milliardenprojekt unnötig verzögert und verteuert, könnten Tunnelbefürworter jetzt sagen. Aber so einfach ist die Sache nicht: Das umstrittene Projekt ist 1983 vom damaligen Verkehrsminister, Karl Lausecker, angestoßen worden, zieht sich also schon seit 31 Jahren dahin. In dieser langen Zeit haben es ÖBB und Infrastrukturministerium nicht geschafft, ein überzeugendes, vor allem aber (im mehrdeutigen Sinn) wasserdichtes Projekt auf die Beine zu stellen. Im Gegenteil: Obwohl unterdessen bekannt sein sollte, dass der Semmering für die Verkehrslobby keine gmahte Wiesn ist, glauben die Drüberfahrer bei der Bahn und im Ministerium offenbar noch immer, dass man sich um so Kleinigkeiten wie Gutachterqualifikationen oder Bewilligungsverfahren nicht sonderlich kümmern müsste. Kann man ja nachträglich reparieren, nicht wahr.

Gut für den Rechtsstaat, dass die VwGH-Richter mit so viel nonchalanter Ignoranz nicht viel anzufangen wissen. Wir aber fragen uns: Was sind denn da für Pfuscher am Werk? Und wo haben die bei ihrer 55-Milliarden-Tunnelorgie, deren (kleinerer) Teil das Semmering-Projekt ja ist, noch so großzügig und letztendlich unverantwortlich herumgefuhrwerkt? Wir wissen ja unterdessen beispielsweise, dass die Verkehrsprognosen, mit denen das ganze baltisch-adriatische Projekt unterfüttert wird, völlig überhöht und damit wohl schlicht falsch sind. Eine weitere Flanke, die sich den Tunnelgegnern da auftut.

Beruhigend ist es jedenfalls nicht, dass die „Experten“, die den nächsten Generationen 55 Mrd. Euro zusätzliche Infrastrukturschulden aufbürden, nicht einmal ein simples UVP-Verfahren unfallfrei auf die Reihe kriegen. Man fragt sich, ob da die richtigen Leute am Werk sind.

E-Mails an:josef.urschitz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.02.2014)

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