Hinter dem Polen Kamil Stoch wird der 41-jährige Japaner Noriaki Kasai Zweiter. Bester Österreicher ist Gregor Schlierenzauer als Siebenter.
Kamil Stoch ist der neue König der Skispringer. Der Pole, 26, hob nach seinem Sieg auf der Normalschanze auch vom großen Bakken der RusSki-Arena zum Triumph ab und krönte sich zum Doppel-Olympiasieger. Souverän spulte der Topfavorit sein Programm ab, makellos setze er seine Sprünge und ihm machten die mitunter umstrittenen Windverhältnisse keinerlei Probleme. Mit Sprüngen auf 139,5 und 132,5 Meter krönte er sich nach Matti Nykänen (FIN, 1988) und Simon Ammann (SUI, 2002, 2010) zum dritten Doppel-Champion in der Olympia-Historie.
Aus seiner Sicht war es auch ein Gewaltakt. Vor dem ersten Gold lag er den ganzen Tag mit Fieber im Bett. Im Training stürzte er auf der Großschanze, er musste mit blutender Nase und geprellten Oberarm zum Arzt. Gejammert hat Stoch aber nie, auch deshalb ist der Weltcupführende ein großer Champion. Er sagt: „Für mich ist das ein Traum, ich kann es nicht glauben.“ Silber gewann der 41-jährige „Flugsaurier“ Noriaki Kasai, über Bronze jubelte Peter Prevc (SLO).
Eine einzige Enttäuschung. Der Auftritt der ÖSV-Adler endete hingegen mit einer ernüchternden Abfuhr. Thomas Morgenstern wurde vom Wind gebeutelt und verpasste als 40. (122 Meter) das Finale. Er verdaute den Schock, stapfte aber grantig davon. Ihm folgte Thomas Diethart, der als 32. (126,5) ebenfalls nur einen Durchgang absolvieren musste. Michael Hayböck (134/125,5; 8.) und Gregor Schlierenzauer (132,5/130,5; 7.) hatten mit der Entscheidung letztlich nichts zu tun.
Diese Niederlage lässt viele Fragen offen. Warum sind alle Springer seit der Tournee außer Form? Wurde eine Weiterentwicklung übersehen? Schlierenzauers System wirkt instabil, er kommt nicht in Schwung und durch seine öffentliche Kritik an Alexander Pointner, der seinen Heimtrainer nicht nach Sotschi mitgenommen hat, sorgte er für zusätzliche Unruhe. Diethart ist ein Schatten seiner selbst, vom Glanz des Tourneesiegers ist nichts übrig geblieben. Morgenstern sucht nach seinem Sturz das richtige Gefühl, aber das ist nicht weiter verwunderlich. Nur, ob Sotschi für ihn dann nicht doch zu früh gekommen ist? Und Hayböck, der die Qualifikationen dominierte, fehlt noch die Nervenstärke. Eines ist seit Samstagabend gewiss: In dieser Form ist auch eine Medaille im Teambewerb am Montag vollkommen illusorisch.
Der Abschied. Österreich ging damit erstmals seit Salt Lake City 2002 in den Einzelbewerben bei Olympia leer aus. Anton Innauer nahm damals als Trainer seinen Abschied. Alexander Pointner könnte es ihm mit Saisonende gleichtun. Der erfolgreichste Skisprung-Trainer in der ÖSV-Geschichte ist seit 2004 im Amt. Erfolgsverwöhnte und Enttäuschte bedürfen irgendwann des Setzens neuer Reize. Sie brauchen neue Charaktere und Anforderungen, um wieder obenauf zu sein.
Die vor dem Bewerb aufgekochte Unruhe beschäftigt das ÖOC. Zu den Trainer-Diskussionen nahm Präsident Karl Stoss nicht Stellung. Die Foto-Spionage von ÖSV-Entwicklungschef Toni Giger hingegen sei ein unangenehmes Thema. Stoss: „Ich habe nur gehört, dass er gesagt hat, er hat nur Bindungen fotografiert, die sowieso über die Datenbanken erhältlich sind. Ich will mir das aber anschauen.
Skispringen, Herren Großschanze:
- Gold: Kamil Stoch (POL)
- Silber: Noriaki Kasai (JPN)
- Bronze: Peter Prevc (SLO)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.02.2014)