Ökonomie-Popstars und gut bezahlte Kassandras

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Bücher, Vorträge und Beraterjobs machen die großen Ökonomen heute reich. Mitunter schießen sie weit übers Ziel.

Die Schlagzeile schlug ein wie eine Bombe: „Paul Krugman ist pleite! Österreich steht noch, den Euro gibt's auch – doch der Ökonom und Euro-Schwarzmaler Paul Krugman schlittert in den Privatkonkurs“, meldete „The Daily Currant“ im März 2013. Wer den Wirtschafts-Nobelpreisträger von 2008 ein wenig kannte, wusste schon damals genau, dass die Meldung des Satiremagazins nur falsch sein kann. Denn der US-Ökonom, der die Staaten der Welt seit Jahren zu immer größeren Konjunkturpaketen antreibt, zählt zu den Großverdienern seiner Zunft.

Wie die meisten Wirtschaftswissenschaftler von heute verdient auch er seine Brötchen nicht (mehr) an der Universität oder an der Börse, sondern mit den Begleiterscheinungen seiner Berühmtheit. Über Bücher, Reden und Beraterverträge spült Krugman Geld in seine Kassa – und schießt dabei mitunter über das Ziel.


Berater von Enron. Am heftigsten kritisiert wurde der Ökonom 1999 für sein Gastspiel als Berater des späteren Skandal- und Pleitekonzerns Enron. 37.000 Dollar soll er in nur drei Tagen kassiert – und im selben Jahr noch einen freundlichen Artikel über den Konzern im „Forbes“-Magazin veröffentlicht haben. „War das Honorar maßlos?“, fragte sich Krugman später als „New York Times“-Kolumnist. Seine Antwort: Nein. 20.000 Dollar habe er damals für eine einstündige Rede erhalten. Enron sei also billig davongekommen.

In einer ähnlichen Liga spielt auch der amerikanische Ökonomie-Popstar und Nobelpreisträger von 2001, Joseph Stiglitz. Der Berater von Bill Clinton und Barack Obama und Autor zahlreicher Bestseller staubt für einen Vortrag schon einmal 100.000 Euro ab, verraten Event-Manager. Paul Krugman muss seit 2000 auf solch einträgliche Nebengeschäfte verzichten. Der Ethik-Codex der „New York Times“ verbietet ihm die meisten Beraterjobs.


Die Krise macht reich.
Im Grunde gibt es zwei Dinge, die Ökonomen heute schnell reich gemacht haben: der Nobelpreis und die Krise. Seit der Finanzkrise 2008 sind viele Volkswirte nicht nur zu beliebten Beratern der Politik, sondern auch zu medialen Erklärbären für alles geworden, was irgendwie mit Wirtschaft zu tun hat. Gerade Kassandras verdienen gut am Untergang.

Der wohl bekannteste unter ihnen ist Nouriel Roubini, auch bekannt unter dem Namen Dr. Doom. Als der Amerikaner 2006 den Kollaps des US-Immobilienmarkts und auch gleich die große Finanzkrise vorhersagte, wollte niemand auf ihn hören. Doch es kam, wie er prophezeit hatte – und seitdem ist Roubini ein Star. Heute jettet er um die Welt, füllt Zeitungen und TV-Sendungen mit seinen Kommentaren und feiert Partys mit Roman Abramowitsch und Gwen Stefani. Eine Rede von ihm kostet 70.000 Dollar. Doch als einer von wenigen Ökonomen verdient Roubini immerhin noch mit Volkswirtschaft Geld. Seine Analysefirma beschäftigt über hundert Menschen und verkauft Studien an Fonds, Finanzinstitute und auch 70 Zentralbanken. Ein Jahresabo kostet zigtausende Dollar.

Einen Vorteil haben die Ökonomen von heute gegenüber ihren historischen Vorbildern. Haben sie den Sprung zum medialen Popstar geschafft, können sie sich relativ gefahrlos irren. Eine Fehleinschätzung im TV wiegt schließlich weniger schlimm als eine an der Börse.

Ökonomen auf einen Blick

John Law (1671–1729) verdingte sich zunächst als Glücksspieler und stürzte Frankreich später an den Rande des finanziellen Abgrunds, als er die Druckerpresse anwerfen ließ.

David Ricardo(1772–1823) gilt heute als Vater des Freihandels und verdiente sich mit einer Wette auf den Sieg der Briten gegen Napoleon eine goldene Nase.

Karl Marx (1818–1883) gilt als Vordenker des Kommunismus und war jahrzehntelang von den Zuwendungen seines Gönners Friedrich Engels abhängig.

Joseph Schumpeter (1883–1950) prägte das „Prinzip der schöpferischen Zerstörung“ und setzte sich zum Ziel, der größte Nationalökonom der Welt zu werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.02.2014)

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