Gazprom: Der gebeutelte Riese

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Die Ukraine macht dem russischen Gaskonzern Gazprom Probleme. China auch. Zeit, sich auf Russland und Europa zu besinnen.

Wien. Blöder könnte es nicht laufen. Während der russische Gaskonzern Gazprom seinen Investorentag in London abhielt, sackte die Aktie vorigen Montag um 15,2 Prozent ab und erholte sich kaum. Dass gerade Gazprom von der Krim-Krise am meisten gebeutelt wird, überrascht nicht. Kein zweiter Konzern ist so eng mit der Ukraine verbunden. Im Dezember senkte er den Gaspreis um ein Drittel, weil die Ukraine sich Russland zugewandt hatte.

Jetzt haben sich die Verhältnisse geändert: Ab April gilt wieder der alte Preis. Klingt dies für Gazprom erfreulich, mahnen Analysten zur Nüchternheit: Die Zahlungsmoral der Ukraine sei gering – Extraeinnahmen könnten sich wenig auf den Cashflow auswirken. Kiew schuldet Gazprom 1,549 Mrd. Dollar. Dass es wieder zu Lieferengpässen nach Europa kommt, ist im Unterschied zu 2009 nicht so wahrscheinlich. Erstens ist die neue Staatsführung genauso an einem einträglichen Transit interessiert wie Gazprom selbst. Und zweitens verfügt Gazprom über mehr Alternativexport-Pipelines.

Allemal bleibt Kiew eine gewisse Zitterpartie und gefährdet laut Morgan Stanley neun bis 10,5 Prozent von Gazproms Ebitda 2014.

Wie wichtig die Ukraine auch sein mag, der bedeutendste Markt für Gazprom bleibt Westeuropa, das über 60 Prozent der Erträge liefert. In Europa hat Gazprom im Vorjahr 162,7 Mrd. Kubikmeter verkauft und einen Rekordmarktanteil von 29,9 Prozent erzielt. Auf dem Investorentag blieb Gazprom realistisch und prognostizierte bis 2017 ein jährliches Liefervolumen von 155 bis 160 Mrd. Kubikmeter.

Die Bindung des Gaspreises an Öl will der Konzern auch weiter für 75 Prozent seiner Exportvolumina beibehalten. Der freie Cashflow 2014 sollte auf dem Niveau der vorjährigen 10,8 Mrd. Dollar liegen. Positiv sieht Gazprom den Effekt der Rubelabwertung: Zehn Prozent Wertverlust würden das Ebitda um zehn Prozent steigern. Analysten veranschlagen deutlich weniger.

Jedenfalls will Gazprom den gesunkenen Marktanteil in Russland mit Rabatten erhöhen. Die große Story aber lässt auf sich warten: ein Liefervertrag mit China. Morgan Stanley erwartet, dass die Aktie wegen der Ukraine unter Druck bleibt, empfiehlt aber „Overweight“. Uralsib und Bank of America raten zu „Hold“. (est)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.03.2014)

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