EU rüstet zum Gaskonflikt mit Russland

HUNGARY RUSSIA UKRAINE GAS SUPPLIES
HUNGARY RUSSIA UKRAINE GAS SUPPLIES(c) EPA
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Die EU beginnt, Russland auf dem Gassektor Steine in den Weg zu legen. Auch Russland droht. schließlich ist Gas neben dem Militär ein Haupthebel im Verhältnis zur Ukraine.

Wien. Obwohl Gaslieferungen kein Thema etwaiger Sanktionen gegen Russland sind, wird in der Hitze der Krim-Krise immer mehr auch auf diesem empfindlichen Feld gepokert. Ins Auge springt, dass die EU nun genau jene zwei Gasexportrouten behindert, mit denen Russland die Abhängigkeit vom Transit durch die Ukraine reduzieren will. So hat die EU-Kommission die für Montag erwartete Entscheidung, ob der russische Konzern Gazprom die Pipeline Opal voll nutzen darf, verschoben. Opal ist eine Verbindungspipeline zwischen der Ostsee-Pipeline Nord Stream und dem EU-Gastransportnetz.

Kurz zuvor hatte EU-Kommissar Günther Oettinger in der „Welt“ angekündigt, bei der geplanten russischen Großpipeline South Stream zu bremsen. „Unsere Gespräche über Pipelines wie South Stream beschleunige ich derzeit nicht“, sagte Oettinger. „Sie werden sich verzögern“.

Am Dienstag konterte Gazprom: Man erwarte die Unterzeichnung ausstehender Abkommen bezüglich South Stream noch vor Ende März. Über South Stream sollen ab 2018 ganze 15 Prozent des EU-Bedarfs importiert werden.

Aber Europa beginnt, sich zu zieren. „Die EU weiß, dass der Gasexport die empfindlichste Stelle des Kremls ist“, sagt Michail Kortschemkin, Direktor von East European Gas Analysis, zur „Presse“. „Russland bei South Stream und Opal zu behindern heißt, es zum Frieden zu zwingen.“

Zur Erklärung: Sind die realisierte Nord Stream, die derzeit wegen des Opal-Problems nur zu 60Prozent ausgelastet ist, und die noch nicht realisierte South Stream behindert, muss Russland weiter viel durch die Ukraine liefern. „Es wird für Gazprom schwieriger, den Transit durch die Ukraine weiter zu kürzen“, meint Kortschemkin.

EU-Gipfel soll über Gasabhängigkeit beraten

Die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union wollen darüber beraten, wie die Abhängigkeit von importiertem Erdgas schneller verringert werden kann. "Der Europäische Rat ist besorgt über Europas große Energieabhängigkeit, insbesondere bei Gas, und fordert intensivere Bemühungen, diese zu reduzieren", heißt es in einem Entwurf für das Abschlussdokument.

Das gelte vor allem für die am meisten abhängigen Mitgliedsländer. Die Union insgesamt bezieht etwa ein Drittel ihrer Erdgasimporte aus Russland. Bulgarien etwa ist völlig von russischen Energielieferungen abhängig.

(c) Die Presse

Auch Russland baut Druck auf, schließlich ist Gas neben dem Militär ein Haupthebel im Verhältnis zur Ukraine. Weil die Ukraine aber auch wichtigstes Transitland ist, kann eine Eskalation zu Lieferengpässen in Europa führen, wie schon 2009. Zum Wochenende hin hat Gazprom-Chef Alexej Miller erstmals Andeutungen in diese Richtung gemacht. Miller erklärte, dass die Ukraine dem Gasexporteur 1,89 Mrd. Dollar schulde: Sollte das Land nicht zahlen, werde man den Gashahn zudrehen.

Im Unterschied zu 2009 sind jetzt die Temperaturen höher und die Speicher – auch durch Vorratskäufe in letzter Zeit – besser gefüllt. Ohnehin glaubt Oettinger nicht, dass Gazprom wieder am Gashahn dreht und so Image und Einnahmen auf seinem lukrativsten EU-Markt gefährdet. Die seit Dezember gewährten Preisnachlässe für die Ukraine macht Gazprom aber ab April wieder rückgängig.

Dass die EU nun auch einen alternativen Flüssiggasimport aus den USA diskutiert, muss Russland wegen der jahrelangen Vorlaufzeiten höchstens langfristig beunruhigen. Gazprom bleibt einer der zentralsten Lieferanten für die EU.

Übrigens auch für die Ukraine. Denn was die nun wieder massiv diskutierte Versorgung der Ukraine von Europa aus betrifft, so kommt selbst diese letztlich auch Gazprom zugute: Das Gas muss ja zuerst von Russland zugekauft und kann dann aus der EU lediglich reexportiert werden. (est)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.03.2014)

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