Was wir beim Klimaschutz von den Amerikanern lernen können

(c) Reuters (CARLOS BARRIA)
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Die USA ignorieren seit jeher offizielle Verpflichtungen zur CO2-Reduktion. Ihre Emissionen sinken dennoch stetig. Und das mit geringeren Kosten.

Auch wenn die Situation in der Ukraine wie ein Schatten über dem EU-Gipfel liegen dürfte, wird es sich bei dem Treffen der EU-Regierungschefs vor allem um ein Thema drehen: den Klimaschutz. Zwei Fragen stehen dabei im Mittelpunkt: Soll die Union sich fix zu einer Reduktion des CO2-Ausstoßes um 40Prozent bis 2030 verpflichten? Und sollen zur Erreichung dieses Wertes auch konkrete Ziele für den Einsatz erneuerbarer Energieträger sowie der Energieeffizienz vorgegeben werden?

Im Vorfeld des Gipfels melden sich verschiedene Interessengruppen zu Wort. Die professionellen Klimaschützer sehen die „Vorreiterrolle Österreichs“ gefährdet und fordern gleich eine Anhebung des Zielwerts auf 55 Prozent. Wie und ob dieser nachher erreicht wird, bleibt offen. Dem steht eine ungewohnte Koalition aus offiziellen Lobbyisten von Wirtschaft und Arbeitnehmerseite gegenüber, die zwar auch neue Ziele fordert, dabei aber zumindest die Wettbewerbsfähigkeit nicht aus dem Auge verloren haben möchte.

Klar ist somit: Es wird schon demnächst verschärfte Klimaziele geben.


Angesichts dieser bevorstehenden Weichenstellungen ist es sinnvoll, sich die Ergebnisse der bisherigen Klimapolitik anzusehen. Seit rund 15 Jahren wird das Thema in Europa mit Verve verfolgt. Zuerst im Rahmen des Kyoto-Protokolls, dann mithilfe der eigenen Ziele. Die Anstrengungen brachten auch Ergebnisse. Vergleicht man das Verhältnis von Kohlendioxidausstoß und Bruttoinlandsprodukt, dann ist die CO2-Intensität in der EU zwischen 1998 und 2012 um rund 34 Prozent gefallen. Die Schaffung von Waren oder Dienstleistungen im Wert von 100 Euro kann heute also mit rund zwei Dritteln des Ausstoßes an Kohlendioxid erledigt werden, der dafür vor 16 Jahren notwendig war. Ein Erfolg, keine Frage.

Wie groß dieser Erfolg ist, zeigt aber erst der Vergleich mit anderen – etwa den USA. Die größte Industrienation der Welt weigert sich seit Jahren, offizielle oder internationale Verpflichtungen zur Kohlendioxidreduktion zu akzeptieren. Im klimaschutzfreundlichen Europa wird daher auch regelmäßig die Nase über die angeblichen Nach-uns-die-Sintflut-Amerikaner in ihren Spritfressern gerümpft. Ein Blick auf die Statistik zeigt aber Überraschendes. So sank auch in den USA die CO2-Intensität zwischen 1998 und 2012 deutlich, und zwar um 29 Prozent.

Die USA haben die Kohlendioxidintensität also nur um fünf Prozentpunkte geringer verbessert als die EU. Natürlich geschah das von einem höheren Niveau aus (auch jetzt liegen die USA um rund 50 Prozent über der EU). Und natürlich gab es auch in den USA Verpflichtungen für Autohersteller oder Förderungen für Erneuerbare. Beides kann aber nicht mit den Auswirkungen und Kosten des EU-CO2-Handelssystems oder der überbordenden Ökostromförderung verglichen werden. Letztere führt Europas Netze regelmäßig an den Rand des Blackouts.


Doch wie haben die Amerikaner dann trotzdem so eine starke Reduktion erzielt? Viele Klimaschutzmaßnahmen, etwa mehr Effizienz, rechnen sich von selbst und werden auch ohne entsprechende Zielvorgaben erledigt. Das ist in Europa so, das ist in den USA so. Der wichtigste Schritt für die USA war jedoch der Ersatz von sehr CO2-haltigen Energieträgern wie Kohle durch weniger CO2-haltige Energieträger wie Erdgas. Dies brachte nicht nur eine deutliche Reduktion des CO2-Ausstoßes. Das Ganze erfolgte auch bei wesentlich geringeren Kosten als in Europa, wo stattdessen lieber noch nicht konkurrenzfähige Fotovoltaikpaneele staatlich subventioniert auf die Hausdächer gepappt werden.

Was können wir also von den Amerikanern lernen? Entscheidend ist weniger, welche Ziele man sich setzt, sondern, was schlussendlich erreicht wird. Und Einsparungen beim CO2-Ausstoß erreicht man nicht nur mit komplett CO2-neutralen und oft noch nicht ausgereiften Technologien wie Solarenergie. Meist ist es vernünftiger, einfach bereits vorhandene konventionelle Alternativen zu nutzen. Das dabei gesparte Geld ist in der Forschung an den neuen Technologien, die wir dereinst sicher brauchen werden, wahrscheinlich besser aufgehoben.

E-Mails an: jakob.zirm@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.03.2014)

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