Ägypten: 529 Muslimbrüder zum Tode verurteilt

Ein inhaftierter Muslimbruder in Kairo
Ein inhaftierter Muslimbruder in KairoAPA/EPA/KHALED ELFIQI
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Nach dem Richterspruch brachten Unruhen aus. Von den Verurteilten sind rund 150 in Haft, die anderen flüchtig. Gegen das Urteil kann noch Einspruch erhoben werden.

Der Richterspruch ist ein Paukenschlag, und er dürfte Ägypten weiter destabilisieren: Am Montag hat ein Gericht in Minya 529 Mitglieder der Muslimbruderschaft zum Tode verurteilt. Von den Verurteilten sind 153 in Haft - anderen Angaben zufolge sind es 123 -, die anderen flüchtig, berichtete die Agentur AFP unter Berufung auf Justizkreise. Gegen das Urteil kann Einspruch erhoben werden, bleibt es aufrecht, entscheidet der oberste Mufti. Auf jeden Fall ist das Urteil in der jüngeren ägyptischen Geschichte beispiellos.

Den Verurteilten wird unter anderem Mord vorgeworfen. Konkret waren mehr als 1000 Mitglieder beschuldigt worden, vergangenen Sommer zwei Polizeistationen im Norden des Landes gestürmt zu haben. Mehrere Polizisten wurden verletzt, einer erlag seinen Verletzungen. Eine erste Verhaftungswelle begann im vergangenen Dezember, als die Muslimbrüder als terroristische Vereinigung eingestuft wurden. Daraufhin riefen die Anhänger des im Juli gestürzten Präsidenten Mohammed Mursi, ebenfalls ein Muslimbruder, zu einer "Woche des Zorns" auf, wobei es zu Ausschreitungen mit Verletzten und Toten kam. Bisher sollen bei den Protesten insgesamt 1400 Menschen getötet worden sein.

Das Urteil vom Montag löste indes wiederum Unruhen aus: Ein in der Nähe des Gerichts von Minya liegendes Schulgebäude sei angezündet worden, hieß es im ägyptischen Staatsfernsehen.

Schärferes Vorgehen gegen Muslimbrüder

Mit diesem Vorgehen demonstrieren die Behörden ein verschärftes Vorgehen gegen die Muslimbruderschaft, das seit dem Sturz Mursis vorangetrieben wird. Unter anderem wurde die Organisation, die nur kurz während ihres jahrzehntelangen Bestehens legal agieren konnte, zur terroristischen Organisation erklärt. Die Behörden bemühen sich, die Bruderschaft für Terroranschläge verantwortlich zu machen, die in den vergangenen Monaten zugenommen haben, hinter denen allerdings radikalere Gruppen mit Nähe zum Terrornetzwerk al-Qaida vermutet werden.

(APA/AFP/Reuters/Red.)

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