PISA-Stopp: Rückendeckung von Ex-BIFIE-Chef

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Österreich hat es "sträflich verabsäumt", Konsequenzen aus den Tests zu ziehen, sagt Josef Lucysyhn. Er spricht sich für einen Abschied von PISA aus.

Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) bekommt von unerwarteter Seite Rückenwind für ihre Entscheidung, nicht am PISA-Test 2015 teilzunehmen. Ihr Unterstützer heißt Josef Lucyshyn. Das Pikante dabei: Lucyshyn ist der ehemalige Direktor des Bundesinstitut für Bildungforschung (BIFIE) und war noch bis vor zwei Jahren selbst für die Durchführung des PISA-Tests in Österreich zuständig.

Nun ist er zum PISA-Skeptiker geworden. Anders als bei Heinisch-Hosek ist dafür aber nicht das Datenleck ausschlaggebend gewesen. Der ehemalige BIFIE-Chef hat schon davor sachliche Argumente für einen Ausstieg Österreichs aus PISA gesammelt. Erschienen sind diese nun im neuen Jahrbuch für Politik.

"Die Begründung für die Teilnahme an solchen Studien liegt in der Annahme, dass eine ,evidence based policy' (…) zu einer Verbesserung des Leistungsniveaus und des Bildungswesens insgesamt führen könnte. Der Nachweis dafür konnte in Österreich bisher nicht erbracht werden. (…) Es wäre also an der Zeit, über die Sinnhaftigkeit der Teilnahme an solchen Studien und deren Rezeption ernsthaft nachzudenken", schreibt Lucyshyn, der vor zwei Jahren von der damaligen Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ) entlassen wurde. Er prozessierte gegen Schmied und gewann im dienstrechtlichen Verfahren in allen Instanzen.

"Nach 13 Jahren auf demselben Niveau"

Und er begründet seine pessimistische Aussage auch inhaltlich: "Nach 13 Jahren PISA befinden sich die Schülerleistungen noch immer auf demselben durchschnittlichen Niveau wie im Jahr 2003, das Gender-Gap in Mathematik hat sich sogar noch verschärft. Es ist nicht gelungen, die Leistung der Migrantengeneration zu heben oder sozial und sprachlich benachteiligte Schüler ausreichend zu fördern bzw. die Chancengerechtigkeit zu verbessern. Nach wie vor bleibt der sozioökonomische Hintergrund der Lernenden bestimmend für ihre Bildungskarriere", so Lucyshyn.

Österreich habe es - im Gegensatz zu Deutschland und der Schweiz - "sträflich verabsäumt", den Ursachen auf den Grund zu gehen und auf Basis der PISA-Daten problemorientierte Forschung zu betreiben, um "echte Handlungsoptionen" zu gewinnen.

Außerdem seien "die Kosten für diese Studien in Relation zum Erkenntnisgewinn nicht zu rechtfertigen", so Lucyshyn.

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