Riesenverlust: Bei Air Berlin spitzt sich die Lage zu

Air Berlin
Air Berlin (c) REUTERS (TOBIAS SCHWARZ)
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Konzernchef Prock-Schauer kündigt einen radikalen Umbau bei Air Berlin an. Großaktionär Etihad gewährt eine Galgenfrist mit Wandelanleihe.

Berlin. Zweimal war die Präsentation der Bilanzzahlen von Air Berlin schon verschoben worden. Beim dritten Anlauf am Montag klappte es. Aber die zweitgrößte deutsche Fluglinie rief nur eilig zu einer Telefonkonferenz zusammen. Die Ergebnisse für 2013 sind nicht angetan, auf großer Bühne für Applaus zu sorgen. Das Vorjahr endete mit einer Bruchlandung: ein Verlust von 316 Mio. Euro, vier Prozent weniger Umsatz, ein negatives Eigenkapital von 186 Mio. (neun Prozent). Nun sollen 450 Mio. Euro aus einer Wandelanleihe des Großaktionärs Etihad und einer Anleihe am Kapitalmarkt wieder für Luft zum Atmen sorgen.

Der österreichische Konzernchef Wolfgang Prock-Schauer kündigt einen radikalen Umbau „ohne Tabus“ an: „Alles kommt  auf den Prüfstand“. Das Sparprogramm „Turbine“ läuft zwar plangemäß und trägt Früchte. Aber die bittere Wahrheit ist: Um die Konzernmutter von Niki wieder in die Gewinnzone zu bringen, reicht es bei Weitem nicht aus. Also muss sich das gesamte Geschäftsmodell ändern.

In fünf der letzten sechs Jahre hat Air Berlin Verluste eingeflogen; nur 2012 führte der Verkauf des Vielfliegerprogramms an Etihad zu einer schwarzen Null. Einzig das Staatsunternehmen aus Abu Dhabi hält Air Berlin noch in der Luft.

Wie lange aber sehen die arabischen Geldgeber noch zu? In den letzten Wochen gab es Gerüchte, der 29-Prozent-Eigner wolle den Steuerknüppel in die Hand nehmen und Air Berlin von der Börse nehmen. Aber eine direkte Mehrheitsbeteiligung der nichteuropäischen Airline hätte den Entzug der Flugrechte und Lizenzen in Europa zu Folge. Das Dilemma ist mit der nachrangigen Wandelanleihe, die Etihad später in Anteile tauschen könnte, nicht behoben. Aber sie verhilft zur Galgenfrist. Für die 300 Mio. Euro kann der Schuldner entweder jährlich Zinsen zahlen oder zusätzliche Anleihetranchen anbieten. Damit gilt dieser „Convertible Bond“ nach internationalen Bilanzierungsregeln als Eigenkapital und dämpft den Schuldendruck. Die magischen 49 Prozent wären so bereits überschritten.

Geschäftsmodell gesucht

Aber das deutsche Handelsrecht sieht die Finanzspritze weiter als Fremdkapital, weil der Investor keine zusätzlichen Stimmrechte erhält. Die Eigentümerstruktur ändert sich also nicht – solange keine Wandlung erfolgt. Dafür gäbe es „keinen Schlachtplan“, beteuert Finanzvorstand Ulf Hüttmeyer.

Den gibt es allerdings auch nicht für das angekündigte „neue Geschäftsmodell“. Fest steht nur: Die bisherigen Konzepte haben nicht funktioniert. Als „Hybrid“ zwischen Billig- und Vollservicefluglinie stand Air Berlin zwischen allen Fronten: Bei Ryanair oder Easyjet sind die Kosten niedriger. Der große Konkurrent Lufthansa kann Größenvorteile nutzen und Marktmacht ausspielen. Die jüngere Strategie, stark auf Urlaubsgäste zu setzen und als Europa-Zubringer für die Asienflüge von Etihad zu dienen, brachte keine Wende. Noch hat Prock-Schauer keine zündende Idee parat. Air Berlin soll weiter vollen Service bieten und nicht Billigfliegern nacheifern. Aber die Kosten müssen weiter runter. In der Kooperation mit Etihad sei noch „viel Musik drin“. Nichts Neues also für Analysten, was die tiefroten Zahlen relativieren könnte. Die Kurs der Aktie fiel gestern um rund fünf Prozent.    (gau)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.04.2014)

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