Forschung

Auf der Suche nach besseren Stahlrezepten

Susanne Michelic (Montanuni Leoben).
Susanne Michelic (Montanuni Leoben).Ulli Engleder
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CO2-armen Stahl erzeugen und dabei nichts an Qualität einbüßen: Dieses Ziel verfolgt Susanne Michelic – und schaut dabei über den Tellerrand ihrer Disziplin.

Einen grünen Hochofen gibt es nicht. Nach wie vor ist die großtechnische Anlage aber für den Großteil der Roheisenherstellung in Österreich verantwortlich. Wie also kann dieser Prozess ersetzt werden? Um diese Frage dreht sich die Forschung von Susanne Michelic. „Im Prinzip gilt es, die aktuelle State-of-the-Art-Technologie abzulösen. Die Stahlindustrie befindet sich durch die Klimaziele im Umbruch“, sagt die Metallurgin. „Es braucht dringend eine signifikante Umstellung, um CO2 einzusparen. Diese Umstellung darf aber nicht auf Kosten der Qualität gehen. Das eine macht ohne das andere keinen Sinn.“

Michelic ist Spezialistin für den Reinheitsgrad von Stählen, leitet ein Christian-Doppler-Labor für Einschlussmetallurgie und ist wissenschaftliche Geschäftsführerin des metallurgischen Kompetenzzentrums K1-MET. Ab Oktober übernimmt die zweifache Mutter nun als erste Frau den Gründungslehrstuhl der Montanuni Leoben für Eisen- und Stahlmetallurgie. Praxiserfahrung hat Michelic nach dem Doktorat direkt in deutschen Industriebetrieben gesammelt, wo sie Charakterisierungsmethoden für den Reinheitsgrad verglichen hat.

Der Einsatz von Wasserstoff in der Metallurgie ist vielversprechend, die Grundlagenforschung dazu jedoch noch längst nicht abgeschlossen. „Im Labor- und Pilotmaßstab funktioniert alles gut, die große Herausforderung ist die Skalierbarkeit verschiedener Verfahren, die Logistik und die Integration in vor- und nachgeschaltete Prozesse“, erklärt Michelic. Dazu kommt der zeitliche Druck, den das politische Ziel der Klimaneutralität bis 2050 vorgibt.

Roheisen nicht ersetzbar

„Natürlich kann ich Stahl ausschließlich auf Schrottbasis herstellen, aber einerseits ist nicht genug Schrott verfügbar und andererseits nicht in der richtigen Qualität“, sagt sie. „Vor allem dann nicht, wenn ich am Schluss ein sehr hochwertiges Produkt für zum Beispiel Automobilanwendungen erreichen will.“ Das bedeutet: Roheisen oder ein Zwischenprodukt, das dem Schrott beigemengt wird, braucht es auch zukünftig.

Bei der Entwicklung der richtigen Rezeptur für CO2-ärmeren Stahl setzt die 40-Jährige auf Interdisziplinarität etwa mit der analytischen Chemie. Sie überträgt Methoden wie Isotopenanalytik, die bisher eher in der Lebensmittelindustrie (z. B. zur Bestimmung der Herkunft eines Produktes) oder den Geowissenschaften (z. B. um Aufschlüsse über Alter und Entstehungsbedingungen von Proben zu erhalten) Anwendung finden, auf metallurgische Prozesse: „Das eröffnet uns mit Blick auf die Stahlqualität neue Möglichkeiten.“ Darüber hinaus sucht sie nach Schnittstellen mit Feldern wie Digitalisierung und künstlicher Intelligenz.

»Wenn sich die Herstellungsprozesse ändern, ändern sich auch deren Eigenschaften.«

Susanne Michelic

Metallurgin

Michelic ist es ein Anliegen, die Nebenprodukte der Stahlerzeugung nicht aus den Augen zu verlieren: „Wenn sich die Herstellungsprozesse ändern, ändern sich auch deren Eigenschaften. Viele davon gehen derzeit in die Zementindustrie. Da gilt es, darauf zu achten, dass das trotzdem ein Kreislauf bleibt und man die Nebenprodukte weiterverarbeiten kann.“

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