München

Das Dirndl am Oktoberfest

Am Oktoberfest in München wird wieder g‘suffa.
Am Oktoberfest in München wird wieder g‘suffa.imago/Ralph Peters
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Wie ich mich gegen meinen Willen mit dem Oktoberfest in München beschäftigen musste.

Jeder oder jedem fallen ein paar Orte ein, von denen sie oder er sagt: Danke, muss ich nicht gesehen haben. Bei mir gilt das für die Wiesn in München. In Billigtrachten auftauchende Massentouristen, die Bierpreise, die Abfertigungshallen mit Konservenmusik. Wer das will, soll allen Spaß der Welt haben. Aber ich muss nicht.

Bis ich dann doch musste – zumindest während des Oktoberfests nach München fahren. Denn in Bayern wird bald gewählt, und weil das deutsche Bundesland für Österreich wichtig ist, empfiehlt es sich als Korrespondent, dort Termine wahrzunehmen. Das führte zu einem Problem: Die Stadt ist voll. Wer eine Bleibe braucht, muss eines der völlig überteuerten Hotels buchen oder in einem Zelt mit Oktoberfestbesuchern absteigen. Die Lösung: Landshut, eine Stunde mit dem Zug weg.

Nachdem das abgehakt war, wurde ich doch neugierig auf das Fest. Und stieß auf Simone Egger, eine Ethnologin an der Münchner Ludwig-Maximilian-Universität. Von ihr kann man lernen, dass ein Dirndl auf der Wiesn gar nicht so urig ist, wie die Trägerin glaubt. Das Kleidungsstück wurde Ende des 19. Jhdt. erfunden. Das erste Oktoberfest fand aber 1810 statt. Damals, so Egger, war der „Empire-Stil“ in Mode. Das Wiesn-Dirndl kam Ende der 1960er auf – just als Mün­chen international schick wurde.

Für ihre Forschungen befragte Egger auch Oktoberfestbesucher, warum sie sich so gern in Tracht werfen. „Die Leute verwiesen auf eine gute alte Zeit, aber keiner konnte sagen, wann die gewesen sein soll“, sagte die Ethnologin der „Süddeutschen Zeitung“. Ein Satz, in dem sich eine Stimmung der Gegenwart verdichtet, nicht nur in Bayern.

christoph.zotter@diepresse.com

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