Nordamerika-Reise

Selenskij-Besuchs in Kanada: Geehrter „Kriegsveteran“ war SS-Mann

Ein Bild vom vergangenen Freitag (von links): Parlamentspräsident Rota, Kanadas Premier Trudeau, Selenskij und die kanadische Senatspräsidentin Raymonde Gagne.
Ein Bild vom vergangenen Freitag (von links): Parlamentspräsident Rota, Kanadas Premier Trudeau, Selenskij und die kanadische Senatspräsidentin Raymonde Gagne.Imago / Patrick Doyle
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Kanadas Parlamentspräsident entschuldigt sich für die irrtümliche Würdigung des ukrainischen SS-Manns während des Besuchs von Selenskij in Ottawa.

Nach heftigen Protesten hat sich Kanadas Parlamentspräsident Anthony Rota für die Ehrung eines ukrainischen SS-Veteranen während des Besuchs von Präsident Wolodymyr Selenskij in Ottawa entschuldigt. „Ich möchte ganz besonders mein tiefstes Bedauern gegenüber den jüdischen Gemeinschaften in Kanada und rund um die Welt ausdrücken“, sagte Rota laut kanadischen Medienberichten vom Wochenende. Er übernehme die volle Verantwortung für sein Handeln.

Als Staatsoberhaupt der Ukraine hatte Selenskij am Freitag Kanada besucht und vor dem Parlament in Ottawa gesprochen. Wenig später äußerte sich die Organisation Friends of Simon Wiesenthal Center (FSWC) empört, dass Rota dabei den 98-jährigen ukrainischen Immigranten Jaroslaw Hunka als einen „ukrainisch-kanadischen Kriegsveteranen“ gewürdigt habe, der für die Unabhängigkeit der Ukraine gegen Russland kämpfte. Rota habe verschwiegen, dass Hunka während des Zweiten Weltkrieges in einer Einheit der Waffen-SS diente. Hunka war in der Kammer anwesend und erhielt laut Mitteilung tosenden Applaus. Laut Radio Canada lebt er in Rotas Wahlkreis.

Dienst in der Waffen-SS-Division Galizien

Nach Angaben des FSCW diente Hunka in der 14. Waffen-Grenadier-Division der SS, auch bekannt als Waffen-SS-Division Galizien. Die SS, die nach Kriegsende bei den Nürnberger Prozessen als verbrecherische Organisation eingestuft wurde, hatte in vielen besetzten Ländern nationale Verbände, die an Kriegsverbrechen beteiligt waren. Der kanadische Sender CBC News berichtete am Sonntagabend (Ortszeit), dass er vergeblich versucht habe, Hunka zu erreichen.

Die russische Propaganda versucht immer wieder, den Kriegsgegner Ukraine als „neonazistisch“ darzustellen. Der Kreml nannte den Vorfall in Kanada am Montag „empörend“. Junge Menschen in vielen Ländern inklusive kanada wüssten nicht, für wen sie kämpfen würden, sie wüssten nichts über die Bedrohung des Faschismus.

Russland verweist immer wieder auf den ukrainischen Nationalistenführer Stepan Bandera (1909-1959), der zeitweilig mit den Deutschen kollaborierte, in der Sowjetunion in Abwesenheit zum Tode verurteilt und von einem KGB-Agenten in München ermordet wurde.

Das FSWC ist nach eigenen Angaben eine der führenden kanadischen Menschenrechtsorganisationen. Es ist nach dem österreichischen Holocaust-Überlebenden und Nazi-Jäger Simon Wiesenthal (1908-2005) benannt. (APA)

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