Sanft, aber voller Kraft: Ab dem dritten „Harry Potter“-Film verkörperte Michael Gambon den Zauberschulleiter Albus Dumbledore.
Nachruf

Michael Gambon ist tot: Ein weiser Schalk wie Albus Dumbledore

Der britisch-irische Schauspieler verkörperte in den „Harry Potter“-Filmen mühelos eine Figur, die über die Jahre immer komplexer wurde. In Erinnerung bleiben nicht nur seine Filme, sondern auch die Streiche, die er hinter den Kulissen gern spielte.

Er war eine Erscheinung sondergleichen. Michael Gambon wie auch Albus Dumbledore, seine berühmteste Rolle: Der greise Zauberschulleiter der „Harry Potter“-Welt ist ein ruhiger, gütiger, exzentrischer Mann. Ein umsichtiger, schelmischer Direktor in Rauschebart und Halbmondbrille, mit einem Faible für seltsame Süßigkeiten. Ein genialer Stratege, der im sich über sieben Bücher erstreckenden Kampf zwischen Gut und Böse etliche Schritte vorausgedacht hat. Zugleich ein machtbewusster Manipulator, der seine Schützlinge wie Schachfiguren einsetzt und von ihnen absolute Treue erwartet. Und nicht zuletzt ein von Schuldgefühlen Zerfressener, der lebenslang mehr Liebe gab, als er empfing – was erst in den späteren Kapiteln der von J.K. Rowling erdachten Zauberersaga herauskommt.

Kurz: Hinter der großväterlichen Fassade steckt ein komplexer Typ. Und wie spielte ihn Michael Gambon? Er machte einfach, ohne über all das zu viel nachzudenken: Mit seinen traurigen, aber wachen Augen und seiner natürlichen Gravitas verkörperte er Albus Dumbledore in all seinen Zuständen, ließ ihn toben, trösten und staatsmännisch reden – und ihn dabei lieber eine Spur entrückt wirken, als ihn mit dem Gewicht seiner komplexen Persönlichkeit zu erdrücken.

Wie wurde er zu Dumbledore? „Ich spiele mich selbst“

Die Rolle des Dumbledore, die er ab dem dritten „Harry Potter“-Film (2004) spielte, war seine berühmteste. Der natürliche Zugang war aber auch sonst ein Markenzeichen des 1940 in Dublin geborenen britisch-irischen Schauspielers: „Ich mache einfach“, gab er in Interviews immer wieder zu Protokoll, wenn er gefragt wurde, wie er ans Schauspiel heranging. Er müsse nicht in Rollen hineinfinden: „Ich klebe einfache einen Bart auf und spiele mich selbst“, sagte er über seine Rolle als Dumbledore. „Jede Rolle, die ich spiele, ist eine Variante meiner eigenen Persönlichkeit. Ich bin nicht wirklich ein Charakterdarsteller.“

Seine markanten Tränensäcke verhehlten nicht, wie seine Augen blitzen konnten: Sanftheit und brodelnde Energie waren bei Michael Gambon kein Widerspruch.
Seine markanten Tränensäcke verhehlten nicht, wie seine Augen blitzen konnten: Sanftheit und brodelnde Energie waren bei Michael Gambon kein Widerspruch.Reuters / Hannah Mckay

Seine Karriere begann er in den frühen 1960er-Jahren auf der Bühne, der Durchbruch gelang ihm erst 1980, als er am National Theatre in London die Titelrolle in Bertolt Brechts „Leben des Galilei“ spielte. Später wechselte er zum Fernsehen und zum Film: Er spielte etwa einen psychotischen Mafia-Anführer in Peter Greenaways „Der Koch, der Dieb, seine Frau und ihr Liebhaber“ (1989) und den alten König George V. in Tom Hoopers „The King‘s Speech“ (2010). Zu sehen war er auch in Tim Burtons „Sleepy Hollow“ und Wes Andersons „Die Tiefseetaucher“.

Flüstern am Tag, Brüllen am Abend

„Whispering in the daytime“ nannte Michael Gambon die Arbeit vor der Kamera, die Theaterarbeit hingegen „shouting at night“: Beides übte er lange aus, bis er sich 2015 von der Bühne zurückzog, nachdem es ihm wegen Gedächtnisproblemen immer schwerer gefallen war, sich Texte zu merken. 2019 beendete er auch seine Filmkarriere, zuletzt sah man ihn im Judy-Garland-Biopic „Judy“.

Zur „Harry Potter“-Filmreihe kam er, nachdem Richard Harris, der Dumbledore in den ersten beiden Filmteilen gespielt hatte, gestorben war. Gerne witzelte Gambon darüber, dass er manchmal fälschlicherweise auch für den Darsteller des Gandalf in „Der Herr der Ringe“ – dieser anderen großen Fantasy-Lichtgestalt – gehalten wurde (tatsächlich war Ian McKellen, der tatsächliche Gandalf-Darsteller, auch für die Rolle des Dumbledore im Gespräch).

Streiche am Set: Wasserpistolen und Furzgerät

Ein Schalk war Gambon überhaupt. Überlieferte Geschichten handeln davon, wie er auf der Bühne so viel kichern konnte, dass die anderen Schauspieler sich wegen Ansteckungsgefahr in Acht nehmen mussten. Oder von Streichen, die unter anderem eine Wasserpistole beinhalteten. Als bei den Dreharbeiten zu „Harry Potter und der Gefangene von Askaban“ eine Szene gedreht wurde, in der alle Zauberschüler nebeneinander am Boden der großen Halle schlafen, steckte Gambon eine „Furzmaschine“ in den Schlafsack des Harry-Potter-Darstellers Daniel Radcliffe – wohl wissend, dass dieser extra dafür gesorgt hatte, dass eine Darstellerin, für die er schwärmte, neben ihm lag. Auf einem Youtube-Video ist zu sehen, wie Gambon sich vor Lachen biegt.

„Mischief managed“, würde es in den Harry-Potter-Büchern nach solchen Streichen heißen. Im Kreis seiner Familie ist Gambon am Donnerstag nun im Alter von 82 Jahren nach einer Lungenentzündung gestorben.

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