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Jasminblüten in Grasse: Eine Frage des Daumenspitzengefühls

Feldstudie. Joseph Mul, Olivier Polge und Fabrice Bianchi (v. l.) im blumigen Gespräch inmitten des Jasmins.
Feldstudie. Joseph Mul, Olivier Polge und Fabrice Bianchi (v. l.) im blumigen Gespräch inmitten des Jasmins.Beigestellt.
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Weißes Gold wird die Jasminblüte in der Region um Grasse genannt. Einst sah es so aus, als drohte sogar hier das Ende des Anbaus. Dann kam eine Zeitenwende, an der auch ein Visionär im Maison Chanel beteiligt war. 

„Pouce, index, pouce, index“, sagt Fabrice Bianchi, Daumen, Zeigefinger, Daumen, Zeigefinger. „Behutsam und mit beiden Händen, abwechselnd. Das ist die Geste, mit der hier in der Region schon seit Jahrhunderten der Jasmin gepflückt wird.“ Auch heute noch werden Erntehelfer angeleitet, dieselbe Zupfbewegung auszuführen, „Das Tempo kommt mit der Zeit von selbst, wichtig ist am Anfang die richtige Technik“. Deshalb schaue man auch nach einigen Wochen bei Neuzugängen auf den Feldern vorbei, um sicherzugehen, dass sie die bewährte Technik befolgen und keine Ungenauigkeiten Einzug gehalten haben. Besonders der Jasmin produziere delikate, höchst sensible Blüten, deren Duft sich rasch verändert. Und gerade das Erhalten einer möglichst stabilen Qualität, über Saisonen hi­naus, ist auf diesen Feldern oberstes Credo.

Mikroklima. In den Alpes maritimes gedeihen Blüten mit einer eigenen Note, die in Grasse sehr geschätzt wird.
Mikroklima. In den Alpes maritimes gedeihen Blüten mit einer eigenen Note, die in Grasse sehr geschätzt wird.Beigestellt.

Fabriche Bianchi weiß, wovon er spricht, er hat in die Mul-Dynastie eingeheiratet, die hier in Pégomas, in der Nähe von Nizza, Cannes und natürlich der Parfumwelthauptstadt Grasse, einen wahren Schatz der Natur hütet. Mairosen werden auf den Feldern angebaut, die berühmten „Roses de mai“; außerdem Iris, in der Haute Parfumerie geschätzt für ihren zu Puder zermahlenen Wurzelstock, die Gerania rosa, deren fleischige Blätter einen minzig-zitronigen herben Duft verströmen. Im Spätsommer blühen die opulenten Tuberosen: „Eigentlich hätten wir heute auch ihre Ernte sehen sollen“, sagt Bianchi. „Es hat aber zu viel geregnet, der Sommer war nicht heiß genug in unserer Gegend, sodass die zweite Blüte ein wenig auf sich warten lässt.“ Das vernimmt zwar etwas ungläubig, wer in den letzten Wochen und Monaten tropische Nächte mit schlaflosem Schwitzen verbringen musste, es gibt aber ohnehin gute Neuigkeiten: „Der Jasmin ist diesen Sommer mit so großen Blüten und dicken Blütenblättern ausgestattet wie selten.“ Das freue auch die Erntehelfer, die nach den Morgenstunden den Inhalt ihrer Strohkörbe bei der Wiegestation abliefern. Wer die besten Ergebnisse erzielt, erhalte eine Prämie ausbezahlt, erzählt der Landwirt. Wer mit beigemischtem Sand oder Wassertropfen das Gewicht zu erhöhen versucht, fällt hingegen sofort in Ungnade. Wie oft solche Tricks angewandt werden, lässt sich nicht in Erfahrung bringen – vielleicht gehören sie mittlerweile zu den ruralen Legenden in diesem Landstrich.

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