Nobelpreis

Physiknobelpreis für österreichisch-ungarischen Physiker Ferenc Krausz

Ferenc Krausz am Dienstag in Garching bei München.
Ferenc Krausz am Dienstag in Garching bei München. Reuters / Angelika Warmuth
  • Drucken

Ferenc Krausz erhält den Physik-Nobelpreis gemeinsam mit dem Franzosen Pierre Agostini und der Französin Anne L‘Huillier. „Ich versuche zu realisieren, dass das Realität ist und kein Traum“, sagt er in einer ersten Reaktion. Krausz gilt als Begründer der Attosekunden-Physik.

Ein Jahr nach dem Nobelpreis für Anton Zeilinger findet sich erneut ein Wissenschaftler mit österreichischer Staatsbürgerschaft unter den neuen Laureaten: Ferenc Krausz, geboren 1962 in Mór, Ungarn, gilt als Pionier auf dem Gebiet der Attosekundenphysik. Er habilitierte sich an der TU Wien und ist Mitglied der österreichischen Akademie der Wissenschaften. 2003 ging er als Direktor ans Max-Planck-Institut für Quantenoptik in Garching (Bayern), seit 2005 ist er aber auch Außerordentlicher Professor an der Technischen Universität Wien. Gemeinsam mit Krausz erhalten der Franzose Pierre Agostini, derzeit an der Ohio State University, und die Französin Anne L‘Huillier, derzeit an der schwedischen Lund University, den Nobelpreis.

Der frisch gekürte Nobelpreisträger Krausz war von der Nachricht der Auszeichnung sehr überrascht. „Ich versuche zu realisieren, dass das Realität ist und kein Traum“, sagte Krausz der Deutschen Presse-Agentur am Dienstag kurz nach der Preisverkündung. Damit gerechnet habe er nicht. Mit seiner Forschung habe er es zusammen mit vielen Wissenschaftern und Teams geschafft, „die schnellsten Vorgänge, die es in der Natur außerhalb des Atomkerns gibt, nämlich die Bewegung der Elektronen, in Echtzeit zu verfolgen“, sagte Krausz im Max-Planck-Institut, das gerade Tag der offenen Tür hatte. „Diese Bewegungen initiieren jegliche molekulare Vorgänge in lebenden Organismen und sind letzten Endes auch für die Entstehung von Krankheiten auf fundamentalster Ebene verantwortlich.“ Erkenntnisse in diesem Bereich könnten daher für die Medizin wichtig sein.

Begründer der Attosekunden-Physik

2001 gelang es Ferenc Krausz und seinem Team an der TU Wien erstmals, aus extrem ultraviolettem Licht einzelne Lichtblitze im Attosekundenbereich zu erzeugen und zu messen. Eine Attosekunde ist ein Milliardstel einer Milliardstel Sekunde (0,000.000.000.000.000.001 Sekunden). Diese extrem kurzen Lichtblitze ermöglichten es erstmals, die ultraschnellen Bewegungen von Elektronen sichtbar zu machen. Seither konnte Krausz zahlreiche Echtzeit-Filmaufnahmen der Bewegung von Elektronen in Molekülen und Atomen aufnehmen.

Der am Max-Planck-Institut für Quantenoptik in München tätige österreichisch-ungarische Physiker Ferenc Krausz.
Der am Max-Planck-Institut für Quantenoptik in München tätige österreichisch-ungarische Physiker Ferenc Krausz.APA / Martin Hörmandinger

Der Physiker gilt damit als einer der Begründer der Attosekundenphysik. Auf der Basis seiner Forschungen sind neue Arbeitsgebiete entstanden, etwa eine hochauflösende Mikroskopie, die auch die Untersuchung lebender Organismen ermöglicht. Zudem hat er Laser zur Diagnose von Augen- und Krebskrankheiten entwickelt.

„Wir können nun die Tür zur Welt der Elektronen öffnen“

„Wir können nun die Tür zur Welt der Elektronen öffnen“, begründete die Königlich-Schwedischen Akademie der Wissenschaften die Verleihung des diesjährigen Nobelpreises für Physik an den österreichisch-ungarischen Physiker Ferenc Krausz sowie seinen Kollegen Pierre Agostini und die Physikerin Anne L‘Huillier. Sie werden für experimentelle Methoden, die Attosekunden-Lichtimpulse zur Untersuchung der Elektronendynamik in Materie erzeugen, geehrt.

Mit ihrer Forschung hätten die Forscher der Menschheit neue Werkzeuge an die Hand gegeben, „die Welt der Elektronen in Atomen und Molekülen“ zu entdecken. Attosekunden-Physik, die ultraschnelle Bewegungen von Elektronen in Echtzeit beobachtet und erforscht, mache es nun möglich, „jene Mechanismen zu verstehen, die durch Elektronen gesteuert werden“, sagte Eva Olsson, Vorsitzende des Nobelpreiskomitees für Physik. In einem nächsten Schritt werde man diese nutzen.

L‘Huillier legte die Grundlage

Die Grundlagen für die Forschungsleistung habe die in Schweden arbeitende, in Frankreich geborene Physikerin L‘Huillier gelegt, hieß es. Sie entdeckte, dass viele verschiedene sogenannte Obertöne des Lichts entstehen, wenn man infrarotes Laserlicht durch ein Edelgas schickt. Diese Obertöne entstehen durch die Wechselwirkung des Laserlichtes mit Atomen im Gas. Darüber erhalten einige Elektronen zusätzliche Energie, die als Licht emittiert wird.

Sie legte damit den Grundstein für Experimente, die ihre beiden Co-Preisträger erstmals 2001 durchführten: Agostini gelang es, eine Serie von aufeinanderfolgenden, sehr kurzen Lichtimpulsen zu produzieren, jeder Impuls dauerte dabei nur 250 Attosekunden. Krausz, der auch lange in Österreich forschte, habe hingegen einen anderen experimentellen Zugang gewählt, über den es möglich wurde, einzelne Lichtimpulse zu isolieren, die 650 Attosekunden dauerten.

Einer der Favoriten für Physik-Nobelpreis

„Einfach fantastisch“, sagte L‘Hullier in einer ersten Reaktion im Rahmen der Bekanntgabe am Telefon. Sie hatte gerade unterrichtet und nach dem dritten oder vierten verdächtigen Anruf abgehoben: „Es war dann etwas schwierig, weiter zu unterrichten“, so die Wissenschafterin, die sich „sehr berührt“ zeigte. Der Preis zeige auch, dass es in der Grundlagenforschung Zeit brauche, „um Anwendungen zu sehen“.

Der Informationskonzern Thomson Reuters zählte Krausz bereits 2015 in seiner jährlichen Prognose zu den Favoriten für den Physik-Nobelpreis. Im Vorjahr wurde er für seine Beiträge zur Attosekundenphysik gemeinsam mit seiner Co-Nobelpreisträgerin Anne L‘Huillier von der Universität Lund (Schweden) sowie mit Paul Corkum von der Universität von Ottawa (Kanada) mit dem renommierten Wolf-Preis in Physik ausgezeichnet. (Ag./Red.)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.