Industrie

Siemens-Chefin: „Energiewende braucht schnellere Verfahren“

Patricia Neumann war zuvor 28 Jahre lang für IBM tätig.
Patricia Neumann war zuvor 28 Jahre lang für IBM tätig.APA / Georg Hochmuth
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Patricia Neumann ist seit Mai neue Siemens-Österreich-Chefin. Einen Bedarf nach Arbeitszeitverkürzung sieht die Managerin nicht. Mit der Staatsanwaltschaft kooperiere man bezüglich der jüngsten Betrugsvorwürfe.

Es sei ein „ganz schnelles Ja“ gewesen, das Patricia Neumann Siemens Österreich gegeben habe, als sie gefragt wurde, ob sie den Chefposten übernehmen wolle, erzählt sie. Seit 1. Mai ist die österreichische Top-Managerin Chefin bei Siemens Österreich und folgt damit dem langjährigen Siemens-Manager Wolfgang Hesoun nach. Damit ist Neumann die zweite Frau nach Brigitte Ederer, die bei Siemens Österreich den Chefsessel besetzt. Zuvor war die Managerin 28 Jahre lang beim IT- und Beratungsunternehmen IBM, bei dem sie mitunter auch als Geschäftsführerin in Österreich tätig war.

Inmitten einer Phase, in der die Industrie vor dem Abgrund einer Rezession steht, sei sie bisher auf relativ positive Signale gestoßen. Sie sei bislang Kunden aus dem Industrie- oder Infrastrukturbereich begegnet, die trotz Krisenzeiten die Produkte der Siemens brauchen, so Neumann, die sich am Donnerstag zum ersten Mal seit ihrem Antritt einem Mediengespräch gestellt hat.

Auf die Frage, ob sie sich für das Unternehmen eine 32-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich vorstellen kann, sagt sie: „Die Frage nach einer generellen Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich stellt sich nicht.“ Siemens Österreich setze auf flexible und individuelle Lösungen bis hin zu Homeoffice aus dem Ausland, das Siemens unterstütze. Grundsätzlich solle man dort ansetzen, wo Menschen mehr arbeiten wollen, aber nicht können. Man solle weniger versuchen, „jene Menschen zu bekehren, die nicht arbeiten wollen oder es nicht brauchen“, so die Siemens-Chefin zur aktuellen Debatte.

Große Hoffnung in KI

Von Österreich aus steuert das führende Technologieunternehmen Standorte in 25 Ländern in den Regionen Zentral- und Osteuropa und Zentralasien. Zusammen geht es dabei um 32.000 Mitarbeiter. Darunter auch die Ukraine, wo der Konzern versucht, die Produktion aufrechtzuerhalten und Kunden weiterhin zu bedienen. Aber: „Wiederaufbau – so weit sind wir noch nicht.“ Für den Konzern setzt sich Neumann die Schwerpunkte zielgerichtete Technologie, Verstärkung von Partnerschaften und Nachhaltigkeit als „wahrscheinlich wichtigsten und breitesten“. Neben effizienter Gebäudenutzung sei insbesondere Recycling ein spannendes Thema.

Und das brauche künstliche Intelligenz (KI). Zum Beispiel, wenn es um die Erhöhung der Recyclingquote geht. Die EU schreibt bei Kunststoffverpackungen eine Quote von 55 Prozent bis 2030 vor. „Um das umzusetzen, braucht es KI. Zusammen mit der Montanuni Leoben und der Johannes-Kepler-Uni Linz forschen wir daran, wie man diese Prozesse intelligenter machen kann. Da geht es etwa um Robotik, die Dinge aus dem Müll aufgreifen kann.“ Generell sieht Neumann große Hoffnung in der KI. Sie sei sehr froh, dass Siemens viel in dieses Thema investiert. Längst werde KI nicht mehr als Bedrohung für Jobs wahrgenommen, sondern als Technologie, die Unternehmen neue Chancen eröffnet.

In Sachen Energiewende sei einer der größten Hebel der Ausbau stabiler Stromnetze. Dass die Netze ausgebaut werden müssen, liege auf der Hand und sei „nicht vermeidbar“. Was es brauche, seien schnellere Verfahren, die einen Ausbau ermöglichen – sowohl in Österreich als auch Europa. Einen wesentlichen Beitrag, den Neumann vonseiten Siemens sieht: „Wir sehen, wenn die Stromnetze intelligenter werden, dass der geplante Netzausbau ein kleinerer sein muss.“ Gerade im mittleren Spannungsbereich, wie etwa bei den Haushalten, sei noch viel Potenzial ungenutzt.

Generell würde es sich in Gebäuden aller Art lohnen, einem ineffizienten Stromverbrauch mit intelligen­ten Stromnetzen entgegenzusteuern. Denn Gebäude ­seien für rund 40 Prozent des weltweiten Energieverbrauchs verantwortlich. Dabei geht es mitunter um Strom und Heizung. Davon würden rund 30 Prozent ineffizient verbraucht. Mit Netzen, die aber zum Beispiel optimal mit der Auslastung umgehen, könnten signifikante Einsparungen erzielt werden. Setze man sich Ziele, wie etwa beim Netzausbau, „soll man so lang wie möglich versuchen, diese umzusetzen“, so Neumann. Was es brauche, sei ein gemeinsamer Schulterschluss aller beteiligten Stakeholder, und „den gibt es in Österreich nur bedingt im Moment“, kritisiert die Managerin.

Nulltoleranz bei Korruptionsaffäre 

Bezugnehmend auf die aktuellen Betrugsvorwürfe gegen einen ehemaligen Siemens-Mitarbeiter in Vorarlberg betont Neumann, dass Siemens mit der Staatsanwaltschaft zusammenarbeite. Jedoch handle es sich um „einzelne Individuen, die sich persönlich bereichert haben oder das wollten“. Sie unterstütze die „Null­to­le­ranz­po­li­tik, die auch Siemens in solchen Fällen verfolgt“. Derzeit laufen noch Ermittlungen. Maßnahmen, damit so ein Fall nicht erneut passieren kann, seien aber schon gesetzt worden.

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