Interview

Fronius-Chefin: „Unsere Energieversorgung entwickelt sich in die nächste ungesunde Abhängigkeit“

Die Industrie sei wichtig für den Wohlstand, sagt Fronius-Chefin Elisabeth Engelbrechtsmüller-Strauß im „Presse“-Interview.
Die Industrie sei wichtig für den Wohlstand, sagt Fronius-Chefin Elisabeth Engelbrechtsmüller-Strauß im „Presse“-Interview.Hermann Wakolbinger
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Fronius-Chefin Elisabeth Engelbrechtsmüller-Strauß warnt vor dem wachsenden chinesischen Einfluss bei der Energiewende. In Österreich ortet sie großen Aufholbedarf beim Ausbau der Stromnetze, auch das Förderwesen für PV-Anlagen müsse neu gedacht werden.

„Die Presse“: Fronius leistet mit seinen Wechselrichtern für Fotovoltaik-(PV-)Anlagen einen wichtigen Beitrag zur Europäischen Energiewende. Wichtige Komponenten kommen dabei aus China. Wie groß sind hier die Abhängigkeiten?

Engelbrechtsmüller-Strauß: Fronius ist heute einer der wenigen Wechselrichterhersteller, die noch in Europa entwickeln und produzieren. Wir hatten vergangenes Jahr Probleme, weil wir wichtige Komponenten aus China nicht bekommen haben – diese wurden zum Teil bewusst zurückgehalten. Wir versuchen aber laufend, uns breiter aufzustellen, um nicht von einzelnen Ländern und Lieferanten abhängig zu sein. Europa war bei der Halbleiterproduktion ursprünglich einmal sehr stark, hat die Industrie dann aber sukzessive nach Asien und in die USA abwandern lassen. Wir sollten danach trachten, dass es wieder mehr europäische Hersteller gibt und man jetzt als Industriestandort Europa nicht aufgibt. Die Energiewende wäre eine gute Möglichkeit, Impulse für eine neue Industrialisierung in Europa zu schaffen. Aber auch das haben wir meines Erachtens verabsäumt. Unsere Energieversorgung entwickelt sich in die nächste ungesunde Abhängigkeit.

Weil sensible Infrastruktur zunehmend in fremden Händen liegt?

Genau. Um beim Beispiel Wechselrichter bleiben: Der ist so etwas wie die Intelligenz einer PV-Anlage. Dort werden die ganzen Daten gesammelt und wird die Energie ins Netz eingespeist. Da geht es um eine große Menge sehr sensibler Daten. In den vergangenen Jahren ist der Anteil der chinesischen Wechselrichter in Europa dramatisch gestiegen.

Das heißt, China hat mehr und mehr die Datenhoheit über unsere Energieversorgung?

Wenn unsere PV-Anlagen nur noch aus chinesischen Komponenten bestehen, dann sind diese Daten eben in der chinesischen Cloud gespeichert. Wir sprechen hier von kritischer Infrastruktur. Und ich denke nicht, dass wir uns hier in so eine starke Abhängigkeit einer anderen Wirtschaftsregion begeben sollten. Ich glaube, dass das für uns geopolitisch und strategisch generell nicht gut ist, in diesem Bereich so angreifbar zu sein.

Überspitzt formuliert heißt das, überall, wo in diesen Geräten chinesische Technologie drinnen ist, könnte man diese aus Peking jederzeit ausschalten?

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