Macron und Scholz

Deutsch-französischer Energiedeal rückt näher

Ein Selfie in der Klausur-Pause: Emmanuel Macron und Olaf Scholz mit Fans. Die zweitägigen Gespräche waren von den Ereignissen im Nahen Osten überschattet.
Ein Selfie in der Klausur-Pause: Emmanuel Macron und Olaf Scholz mit Fans. Die zweitägigen Gespräche waren von den Ereignissen im Nahen Osten überschattet. Reuters
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Bis Ende Oktober wollen sich Paris und Berlin über Regeln zur Förderung von Atomstrom in der EU einigen.

Hamburg. Für wortreiche Ankündigungen und große europapolitische Würfe ist die aktuelle Nachrichtenlage nicht als passende Kulisse geeignet – insofern war es wenig verwunderlich, dass die informelle deutsch-französische Regierungsklausur, die am Dienstag in Hamburg zu Ende gegangen ist, ganz im Zeichen des Hamas-Überfalls auf Israel stand. Für die erhofften Wartungsarbeiten am stotternden Motor der europäischen Integration blieb schlicht und ergreifend zu wenig Zeit – Bundeskanzler Olaf Scholz, der Gastgeber des Treffens, und sein französischer Kollege Emmanuel Macron waren stattdessen primär damit beschäftigt, eine geeinte Front angesichts neuer Gefahren aus dem Nahen Osten zu schmieden.

Gänzlich ohne Fortschritte ist das zweitägige Arbeitstreffen aber doch nicht zu Ende gegangen. Wie Macron Dienstagmittag in der abschließenden Pressekonferenz erläuterte, sind sich Deutschland und Frankreich bei der Thematik der europäischen Strompreise offenbar ein Stück näher gekommen. Bis Ende Oktober soll hier demnach ein bilateraler Kompromiss erzielt werden, sagte der französische Staatschef – denn ein Scheitern in der Frage wäre ein „historischer Fehler“. Man bewege sich nach „intensiven und konstruktiven Gesprächen“ aufeinander zu, sekundierte Scholz.

Worum geht es im momentan akutesten Zwist zwischen Paris und Berlin? Frankreich möchte erreichen, dass die EU die französischen Kernkraftwerke als Beitrag zur CO2-Reduktion einstuft – was begünstigten Industriestrom und Subventionen in die Kernkraft ermöglichen würde. Deutschland, das seine letzten drei Meiler im April heruntergefahren hat, lehnt die Bevorzugung von Kernkraft ab. In Paris wird hinter vorgehaltener Hand spekuliert, dass Berlin um die deutsche Wettbewerbsfähigkeit fürchtet und verhindern will, dass Frankreich dank billigem Atomstrom zum attraktiveren Industriestandort als sein vom teuren Flüssiggas abhängiger östlicher Nachbar avanciert.

Ein Jahr wie 2016

Abseits der Strompreise ging es bei dem Treffen in Hamburg auch um die Migration. Weitere Fortschritte in der EU-Flüchtlingspolitik seien nötig, sagte Scholz – denn „die Zahl jener, die nach Deutschland kommen, ist zu hoch“. Untermauert werden die Forderungen durch aktuelle, noch nicht offiziell bestätigte Ankunftszahlen der EU-Asylbehörde, die der „Welt“ zugespielt wurden. Demnach wird die Zahl der Asylanträge in der EU (plus Norwegen und Schweiz) heuer die Millionenmarke überschreiten und damit den höchsten Stand seit der Migrationskrise 2016 erreichen.

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