Blick auf Bad  Radkersburg
Murradweg

Am Rad bis Radkersburg

Eine Tour entlang des Murradwegs in der Steiermark ist ein Erlebnis mit vielen Einkehrmöglichkeiten.

Man könnte den Radweg R2, der im Salzburger Lungau beginnt, strikt 453 Kilometer entlang der Mur über die Steiermark bis nach Kroatien abstrampeln. Man kann sich aber auch auf ein Gebiet beschränken, um möglichst viele kulturelle, landschaftliche und nicht zuletzt kulinarische Attraktionen auszukosten – etwa von Frohnleiten bis Bad Radkersburg. „Das Praktische ist, dass der Murradweg fast parallel zur Bahnstrecke verläuft. Wenn’s mal nicht mehr weitergeht, sind der nächste Ort und ein Bahnhof nicht allzu weit weg“, sagt Joachim Ruhri, Bikeguide in der Südsteiermark. Längere Strecken oder die wenigen Steigungen lassen sich so mit dem E-Bike oder auch mit der Bahn locker bewältigen.

In Graz beginnt’s

Eine gute Einstiegsmöglichkeit zum Murradweg ist Graz. Am Bahnhof wartet ein Radverleih auf die Gäste. Aber bevor es muraufwärts oder -abwärts geht, sollte Graz selbst, die 2023 zwanzig Jahre EU-Kulturhauptstadt feiert, etwas Zeit bekommen. Die mittelalterlichen Häuser der Altstadt, prächtige Gebäude aus Renaissance, Gotik und Barock, der Uhrturm, die Arkaden und Hinterhöfe bilden ein Ensemble, das der Stadt auch Unesco-Welterbe-Status bescherte. Moderne Bauten wie etwa das Kunsthaus oder die Murinsel zeigen, dass die Zeit nicht stehen bleibt – und das Leben in der Stadt brummt.

30 Kilometer nördlich liegt Frohnleiten, sowohl mit dem Rad als auch mit dem Zug gut zu erreichen. Die kleine historische Stadt ist an sich schon schön, besonders reizend ist aber der Volkshauspark mit Blick auf die Fassaden der Stadthäuser direkt an der Mur. Außerhalb des Orts geht es entlang am Fluss, an Wiesen, Obstgärten und Bauernhöfen vorbei und durch den Wald. Den Blick auf die Burg Rabenstein auf einer Felsklippe kann man gar nicht verpassen. Etwas mehr Zeit sollte einplanen, wer in der Gegend auch die Lurgrotte, Österreichs größte aktive Wasserhöhle, besuchen möchte.

Einen Besuch wert ist auch das Österreichische Freilichtmuseum Stübing, das seit 1970 in einem Tal auf über 60  Hektar alle neun Bundesländer mit etwa 100 alten Wohn- und Wirtschaftsbauten präsentiert. „Hier geht es nicht nur um die Architektur von West bist Ost, sondern um das Leben der Menschen von damals“, erklärt Reinhard Tuder, Kurator und Volkskundler. „Wir wollen alte Werkzeuge und Techniken erhalten und weiterführen.“ Ergänzend dazu gibt es jedes Jahr eine Ausstellung, 2023 unter dem Motto „Mit ohne Strom“.

Ausblicke. Die Stadthäuser von Frohnleiten gehören zu den Schönheiten, die man an der Mur bewundern kann. 
Ausblicke. Die Stadthäuser von Frohnleiten gehören zu den Schönheiten, die man an der Mur bewundern kann. Imago stock&people

Skulpturen im Süden

Im Süden von Graz lockt ein anderes Open-Air-Museum, den R2 (über den R9) zu verlassen. In der Nähe des Flughafens und Schwarzlsees wurde vor 20 Jahren der Österreichische Skulpturenpark angelegt. In zwei Bereichen, dem Fasangarten und dem Alpingarten, fügen sich über 80 Skulpturen von bekannten internationalen und regionalen Künstlerinnen und Künstlern, ob Erwin Wurm, Yoko Ono, Peter Weibel, Nancy Rubins oder Fritz Wotruba, auf wundersame Weise in die Landschaft ein, verwachsen miteinander und geben immer wieder ein neues Bild ab.

Zurück am R2 ist der Wildoner Badesee eine willkommene Abkühlungsmöglichkeit – oder mit einem Schlenker über den „Römerweg“ — die Schotterteiche von Leibnitz. Womit wir uns auch schon in der Südsteiermark befinden, wo radelnde Kulinarikfans ihr Dorado finden. Ob Weingüter, Buschenschanken, Haubenlokale, Ölmühlen, Käsereien, Metzgereien, Vinotheken oder Genussshops – die Auswahl an hochwertigen Produkten ist gewaltig. Das Besucherzentrum Grottenhof in Leibnitz, das auch Veranstaltungszentrum und Museum ist, lädt zum Einkaufen und zu Weinverkostungen. Mit etwas Glück ist auch eine der steirischen „Weinhoheiten“ vor Ort. „Der Sauvignon Blanc ist die Hauptsorte in der Steiermark – vor Welschriesling und Weißburgunder“, erklärt Ihre Hoheit Marlene Prugmaier, deren Ziel es ist, Weinliebhaber von der Vielfalt des steirischen Weins zu begeistern. „Drei Arten von Sauvignon Blanc gibt es: nach grünem oder gelbem ­Paprika duftend oder mit exotischem Duft und Geschmack.“

Verführung bei Ehrenhausen

Bei Ehrenhausen verführt die Vinofaktur zum Einkaufen –mit noch mehr Angebot, insbesondere an Weinen. Einblicke in eine 400-jährige Geschichte des immer noch bestehenden Betriebs sowie in die Geschichte von Anbau und Verarbeitung von Getreide gibt schließlich die Traussner Mühle, ebenfalls in Ehrenhausen. Dieter Tatzl, Landwirt und seit 2016 Besitzer der Mühle, hat diese zu einer Erlebnismühle mit Ausstellung, ­3-D-Filmen und Backkursen umgebaut. „Wir haben uns etwas ein­fallen lassen, weil: Mehl lässt sich schlecht verkosten.“ Wer will, kann natürlich auch hier Mehl und Getreideprodukte erstehen. Hauptsorten sind Roggen, Weizen und Dinkel, „zu 70 Prozent aus der Region, zu 100 Prozent aus Österreich“, wie Dieter Tatzl betont.

Brücke über die Mur bei Bad Radkersburg
Brücke über die Mur bei Bad RadkersburgVolker Preusser

Weine und Wassertürme

Ehrenhausen selbst ist mit seinen zwei Schlössern, dem Mausoleum, den Wirten und Vinotheken einen längeren Aufenthalt wert, gleichzeitig ist hier auch Ausgangspunkt der Südsteirischen Weinstraße. Bergauf und bergab geht es hier durch eine von Weinbergen, Wäldern und kleinen Orten geprägte Landschaft, mit Aussichtspunkten wie dem Wasserturm Gamlitz und zahlreichen Einkehrmöglichkeiten. Eine davon ist Weingut und Buschenschank Zweytick in Unterlupitscheni, die Christian Zweytick mit seiner Familie in dritter Generation betreibt — mit herrlichem Ausblick, liebevoll angerichteten Jausentellern und besten Weinen. Auch Wermut, ein Trend der letzten Jahre, stellt er her. „Weißer Wermut vom Müller Thurgau, roter vom Zweigelt. Das Wermutkraut dazu wächst im Weingarten“, erklärt der Winzer.

Stopp an der Schiffsmühle

Wieder zurück an die Mur, die nach dem letzten Kraftwerk in Spielfeld immer gemächlicher, von Auen, Feuchtwiesen und Wald begleitet, dahinfließt und gleichzeitig ab hier Grenzfluss zu Slowenien ist. Hier befinden wir uns bereits in der Region Thermen- und Vulkanland. In Mureck ist die Schiffsmühle, eine der letzten ihrer Art, samt Gasthaus ein idealer Zwischenstopp. Einen Blick über die üppige Natur der Murauen (Unesco-Biosphärenpark) erhält, wer den 28  Meter hohen, architektonisch anspruchsvollen Murturm hinaufsteigt.

Felder mit Mais, Kürbis, Käferbohnen und sogar Reis übernehmen nun das Landschaftsbild und die Einkommensquellen. Ein Besuch des Käferbohnenkabinetts in Dietzen macht die Bedeutung für die Region und die damit verbundene harte Arbeit nachvollziehbar. Käferbohnenkönigin Michaela I., mit bürgerlichem Namen Michaela Summer, gewährt Einblick in den Anbau und die Verarbeitung der Bohne. Seit 2016 ist die „Steirische Käferbohne“ herkunftsgeschützt, angebaut wird sie im Maisfeld: „Der Mais trägt die Bohnenpflanze, die bis zu fünf Meter lang wächst. Geerntet wird im November/Dezember – gedroschen, sortiert und händisch verlesen.“

Nur mehr wenige Kilometer sind es von hier nach Bad Radkersburg. Der slowenische Ort Gornja Radgona (deutsch: Oberradkersburg) ist hier über die Mur-Brücke erreichbar. Von der Burg auf einer Anhöhe genießen die Besucher einen Blick auf die steirische Stadt, die Mur und die Region. 1927 wurde hier statt Erdöl bei einer Bohrung eine Mineralwasserquelle gefunden, in den 1960er-Jahren ein Kurzentrum errichtet, 1978 auch noch eine heiße Quelle mit 78 Grad Celsius erschlossen. Seitdem hat sich Radkersburg zu einem Kurort mit Parktherme, Hotels, Kurpark und Kulturveranstaltungen entwickelt.

Die historische Altstadt mit sehr gut erhaltenen beziehungsweise restaurierten Bauwerken aus den verschiedensten Epochen – insbesondere hat der Renaissance-Baumeister Domenico dell’Allio Radkersburg seinen Stempel aufgedrückt – mit Arkadenhöfen, Palais, Kirchen, Rathausturm und mittelalterlicher Stadtmauer. Die Lokale und Geschäfte sind bei Kurgästen genauso beliebt wie bei Radreisenden. Der Puch-Turm, ein denkmalgeschütztes Gebäude mit Sgraffito, erinnert an Johann Puch, den späteren Gründer der Puch-Werke, der in Bad Radkersburg Ende des 19. Jahrhunderts seine Ausbildung zum Schlosser machte, und festigt die Position von Bad Radkersburg als Rad-Stadt. Verschiedene Radwege, -events und -touren ergänzen das Angebot – und wer nicht genug hat, kann auf slowenischem Gebiet bis Kroatien weiterfahren.

Infos

Rad: steiermark.com/murradweg, Genusstouren: regiongraz.at, Verleih: Bicycle, bicycle.at, Rent an eBike, ebike-suedsteiermark.at, Taxis: Sammeltaxi Gust für GU, Weinmobil in der Südsteiermark

Stopps: Freilichtmuseum Stübing, Österreichischer Skulpturenpark: museum-joanneum.at, Traussner Mühle: muehlerei.at

Hotel: Intercity Graz: hrewards.com, Kirchenwirt Ehrenhausen kirchenwirtanderweinstrasse.at, Vitalhotel Bad Radkersburg: vital-hotel.at, parktherme.at, Kulinarik: Der Steirer Graz, dersteirer.at, Grottenhof: besucherzentrum-grottenhof.at, Schiffsmühle: schiffsmuehle.at, Weingut Zweytick, zweytick.at, Genussregal, vinofaktur.at, Türkenloch Bad Radkersburg: tuerkenloch.at, Käferbohnenkabinett, baecksteffl.at

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