Staatsfinanzen

Rechnungshof vermisst „klare Linie“ bei Eingriffen in das Pensionssystem

Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker ließ das österreichische Pensionssystem unter die Lupe nehmen.
Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker ließ das österreichische Pensionssystem unter die Lupe nehmen. Die Presse Digital
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Liest man, wie der Rechnungshof mit der Alterssicherungskommission ins Gericht geht, so macht diese ihren Job nicht. Die Leitung ist seit fast zwei Jahren vakant. Die Kommission lasse gleich wie die Regierung eine gesamthafte Aussage über die langfristige Finanzierbarkeit des Pensionssystems vermissen. Dabei sei die Nachhaltigkeit des Systems schon jetzt nicht mehr gesichert.

Von 2004 bis 2021 stieg das effektive Pensionsantrittsalter im Schnitt um 2,8 Jahre. Allerdings gehen Prognosen nach der Umsetzung der Angleichung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters für Frauen davon aus, dass das effektive Pensionsantrittsalter ab Mitte der 2030er-Jahre stagniert. Und das, obwohl die Lebenserwartung steigt. „Dies ist Ausdruck einer fehlenden Strategie zum künftigen Umgang mit dem Pensionsantrittsalter“, hält der Rechnungshof fest. Die Prüfer haben das österreichische Pensionssystem unter die Lupe genommen. Ihr Fazit: Bei sorgfältiger Weiterentwicklung sei das österreichische Pensionssystem eine geeignete Basis zur Versorgung der älteren Bevölkerung „unter vertretbaren finanziellen Belastungen für die  Erwerbstätigen und den Bundeshaushalt.“ Jedoch, es bestehe „umfassender Handlungsbedarf“. Geprüft wurden die Jahre 2017 bis 2021.

Konkret heben die Prüfer die Arbeit der Alterssicherungskommission als „unzureichend“ hervor. Der Alterssicherungskommission kommt die Aufgabe zu, regelmäßig Berichte über die langfristige Entwicklung und Finanzierbarkeit des Pensionssystems zu erstellen. Veränderungen, etwa bei Lebenserwartung, Erwerbsbeteiligung und Produktivität sollten ermittelt werden und als Basis für die Ausblicke dienen. Doch die Kommission sei 2017, im Jahr ihrer Gründung, ihrer Verpflichtung zur Berichterstattung nicht nachgekommen und legte erst 2021 ein Langfristgutachten vor. Allerdings hätten weder die Kommission noch die Bundesregierung eine gesamthafte Aussage über die langfristige Finanzierbarkeit des Pensionssystems getroffen und sie unterließ weiter die erforderliche Berichterstattung an den Nationalrat.

Die Alterssicherungskommission ist seit Anfang 2022 ohne Vorsitz. Der damalige Leiter Walter Pöltner hatte den Vorsitz zurückgelegt, weil er sich von der Politik zu wenig gehört fühlte. „Ich bin müde, darauf hinzuweisen, dass wir schauen müssen, dass das Pensionssystem langfristig funktioniert und wie es zu finanzieren ist. Ich will nicht immer den Bösen spielen“, sagte er damals. Der Vorsitz der Alterssicherungskommission ist vom Sozialminister im Einvernehmen mit dem Bundeskanzler und dem Finanzminister zu bestellen.

Klare Strategie „nur teilweise“ zu erkennen

Die Prüfer des Rechnungshofs halten fest, dass langfristige Analysen über die Nachhaltigkeit des Pensionssystems „trotz ähnlicher Prognosen unterschiedlich ausfallen.“ Der Fiskalrat sieht die Nachhaltigkeit des Systems wegen des Anstiegs demografiebedingter Kosten langfristig nicht gesichert. Die Alterssicherungskommission hingegen habe in ihren Beschlüssen „dazu keine Aussage“ gemacht und auch keine Reformmaßnahmen vorgeschlagen. „Es fehlen klare Kriterien, um beurteilen zu können, ob das Pensionssystem nachhaltig ist.“

Zwischen 2005 und 2022 wurde das österreichische Pensionsrecht 29 Mal maßgeblich verändert. „Die finanziellen Auswirkungen wurden dabei oft nicht dargelegt“, schreibt der Rechnungshof. Eine klare Strategie sei „nur teilweise“ zu erkennen. Zur Veranschaulichung: Im Zuge der Reformen 2003 und 2004 sei die Pensionsanpassung im ersten Jahr nach dem Pensionsantritt ausgesetzt worden. Zwischen 2008 und 2009 wurde sie wieder eingeführt, 2011 erneut ausgesetzt. Für 2019 und 2020 wurde sie wieder eingeführt, ab 2021 dann in eine aliquote Anpassung im ersten Jahr umgewandelt. Zuletzt wurde vor dem Hintergrund der hohen Inflation die Aliquotierung wieder ausgesetzt.

Zudem kritisiert der Rechnungshof, dass die Pensionsanpassung seit 2005 nur zwei Mal, so wie vorgesehen mit einem am Verbraucherpreisindex orientierten Anpassungsfaktor erfolgt sei. „Zusätzlich haben die im Zeitraum 2005 bis 2022 beschlossenen Eingriffe in das Pensionsrecht Mehraufwendungen gegenüber der Rechtslage 2004 zur Folge.“ Nächstes Jahr steigen alle Pensionen um 9,7 Prozent, das entspricht der Teuerung von August 2022 bis Juli 2023. Ab 5850 Pension im Monat gibt es einen Pauschalbetrag von 568 Euro. Die Kosten für das Paket betragen 5,3 Milliarden Euro.

Größter Teil in der Pensionsversicherung durch Beiträge gedeckt

Im Jahr 2020 lag der Aufwand für die gesetzliche Pensionsversicherung bei 47,3 Milliarden Euro. Davon waren 41,7 Milliarden Euro Pensionsaufwand, der Rest fiel auf Zuschüsse die beispielsweise die Ausgleichszulage. Der größte Teil der Ausgaben wurde mit Pflichtbeiträgen der Erwerbstätigen in Höhe von 32,5 Milliarden Euro finanziert. Rund 30 Prozent der Aufwendungen (14,1 Mrd. Euro) wurden durch Zuschüsse der öffentlichen Hand finanziert, davon 10,2 Mrd. Euro aus dem Bundesbeitrag. Die Pensionen für Beamte summierten sich auf 12,7 Mrd. Euro.

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