Germanistik

Sind staatliche Hinrichtungen unmenschlich?

Thomas Mann positionierte sich 1926 gegen die Todesstrafe.
Thomas Mann positionierte sich 1926 gegen die Todesstrafe.Fred Stein/DPA Picture Alliance/picturedesk.com
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Viele Schriftsteller der Weimarer Republik hegten daran keinen Zweifel und argumentierten harsch für ihre Abschaffung.

Inhuman an der Todesstrafe sei nicht der Tod eines Menschen, sondern dass sie den schändlichen Beruf des Henkers notwendig mache, stellte der österreichische Schriftsteller und Pazifist Stefan Zweig 1931 fest. Er bediente sich damit argumentativ am Humanismus-Konzept.

Als ein bedeutendes Experimentierfeld für eine Rückbesinnung auf die humanistische Tradition gilt die Weimarer Republik (erste deutsche Demokratie; 1919–33). Wie dachten Intellektuelle vergangener Krisenzeiten darüber? Welche Erkenntnisse für heutige Herausforderungen bleiben? In dem Sammelband „Narrative des Humanismus in der Weimarer Republik und im Exil“ hat ein internationales Herausgeberquartett, dem auch der Leiter des Stefan-Zweig-Zentrums der Uni Salzburg, Arturo Larcati, angehört, Antworten darauf zusammengeführt.

Intensive öffentliche Debatte

Der Germanist Clemens Woldan (Uni Salzburg und Internationales Forschungszentrum für Kulturwissenschaften in Wien) beleuchtet vor diesem Hintergrund Positionen des Todesstrafe-Diskurses, der neben Debatten um Abtreibung und Scheidung viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat. Der Humanitätsbegriff hatte damals Hochkonjunktur und sowohl Befürworter als auch Gegner der Todesstrafe nutzten das Konzept der Menschlichkeit. Während die staatliche Hinrichtung in Österreich nach 1919 abgeschafft wurde (1933 wiedereingeführt; 1968 endgültig abgeschafft), blieb in Deutschland die Rechtslage nach dem Ersten Weltkrieg unverändert – „trotz der traumatischen Erfahrungen“, so Woldan. „Mangelnde abschreckende Wirkung und Justizirrtümer führten in den 1920er-Jahren dazu, dass die Todesstrafe unter starken Legitimationsdruck geriet.“

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