Diplomat

Der Gazastreifen, ein „Gefängnis“? „Fake News“, sagt der israelische Botschafter in Österreich

David Roet am 13. Oktober im Interview mit der Austria Presse Agentur.
David Roet am 13. Oktober im Interview mit der Austria Presse Agentur.APA / APA / Georg Hochmuth
  • Drucken

Im Konflikt könne es nur eine Seite geben, sagt Botschafter David Roet. Er fordert die Palästinenser auf, gegen die Hamas zu demonstrieren. Zur Blockade Gazas: „Würde Österreich, wenn es von einem Nachbarland derart brutal angegriffen wurde, es mit Elektrizität versorgen?“

Der designierte Botschafter in Österreich David Roet hat sich gegen ein Verbot von Palästinenser-Demonstrationen ausgesprochen. „Ich denke, sie sollen auf die Straße gehen. Sie sollten schreien: ‚Free Gaza from Hamas. Befreit den Gazastreifen von Terrorismus‘“, sagt er im Gespräch mit der Austria Presse Agentur. Von der österreichischen Reaktion nach dem Großangriff der Hamas-Terrororganisation auf Israel zeigt sich Roet „sehr beeindruckt“.

Nach dem brutalen Überfall vom vergangenen Samstag war Österreich „das erste Land, das die israelische Flagge neben der österreichischen gehisst hat.“ Er sei beeindruckt von der parteiübergreifenden Unterstützung für Israel durch den Bundespräsidenten, Kanzler, Vizekanzler, Außenminister, den Wiener Bürgermeister und alle Parteichefs, die er getroffen habe, betont Roet.

Österreich sei auch einer der ersten Staaten gewesen, die die Gelder für die Entwicklungszusammenarbeit mit den Palästinensern auf Eis gelegt haben. Roet begrüßt den „Stopp, die Hamas zu sponsern“, sehr. Die Hamas habe finanzielle Unterstützung Israels wie auch von europäischen Hilfsorganisationen missbraucht. „Sie nahmen das Geld und verwendeten es, um Israelis zu töten.“

„Der palästinensische Botschafter sollte auf der gleichen Seite stehen wie ich“

Von der internationalen Gemeinschaft erhofft Roet sich, dass sie nicht mehr von zwei Seiten spricht. „Der palästinensische Botschafter sollte auf der gleichen Seite stehen wie ich“, betont der Diplomat - und damit nicht auf der Seite jener, die für Folter demonstrieren sowie „für Mord, für die Vergewaltigung israelischer Frauen, für die Enthauptung israelischer Soldaten, für die Enthauptung von Babys und dafür, dass sie kleine Kinder von ihren Mamas wegholen und sie dann als Geiseln nehmen.“ Es gebe in seinem Land bereits rund 1300 Tote, tausende Verletzte, viele Soldaten und Kinder unter den Opfern. „Es gibt niemanden in Israel, der nicht jemanden kennt, der nicht getötet, verletzt, gekidnappt oder vermisst ist.“

Der Hamas seien aber auch die palästinensischen Menschen egal, meint Roet. Das zeige sich etwa in dem Hamas-Aufruf, nicht der Aufforderung des israelischen Militärs zur Räumung von Gaza Stadt Folge zu leisten, sondern in den Häusern zu sterben. Israel versuche mit allen Kräften zu verhindern, dass Zivilisten verletzt werden. „Wir sind nicht gegen palästinensische Zivilisten. Wir sollten die Palästinenser von der Hamas befreien.“

Konflikt könnte sich auf andere Länder ausbreiten

Außerdem erwartet Roet eine starke internationale Reaktion auf den Iran. „Wenn immer es einen Terroranschlag gibt, steckt der Iran dahinter.“ Man dürfe „auf diesem Auge nicht blind sein“, so der Botschafter. Roet hofft auf eine Verschärfung der Sanktionen gegen Teheran. Gleichzeitig warnt er den Iran und die libanesische Hisbollah, „nicht den Fehler machen, Israel anzugreifen“. Die Reaktion Israels werde „beispiellos“ sein.

Auf die Frage, ob sich der Nahost-Konflikt auch auf andere Länder ausbreiten könnte, sagt Roet: „Meine Antwort ist ja.“ Aber es handle sich nicht um einen Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern. „Die Welt hat sich am 7. Oktober geändert.“ Deswegen sollte sich auch das Verständnis nach Ansicht des Diplomaten ändern. Es gehe der Hamas nicht um eine friedliche Lösung mit Israel. „Ist jemand, der absichtlich, systematisch, orchestriert israelische Frauen vergewaltigt, bevor er sie umbringt, an einer Zwei-Staaten-Lösung interessiert?“, fragt er rhetorisch.

Auch wehrt sich der Botschafter gegen die Bezeichnung des Gazastreifens als „größtes Gefängnis der Welt“. Der Gazastreifen habe Grenzen zu Ägypten und sei nie ein „Open-Air-Gefängnis“ gewesen. Das seien „Fake News“, zeigt sich Roet erbost. Israel hätte das Mittelmeergebiet 2005 mit einem Flughafen, mit Gewächshäusern und technologischen Möglichkeiten verlassen. In welchem Gefängnis hätten die Insassen einen Flughafen, Hafen, Maschinengewehre und Drohnen, fragt er.

Versorgung für Gaza, wenn Hamas entmachtet ist

Zur palästinensischen Forderung nach humanitären Korridoren und Wiederaufnahme der israelischen Lieferungen von Wasser sowie Elektrizität in den Gazastreifen sagt Roet: „Würde Österreich, wenn es von einem Nachbarland derart brutal angegriffen wurde, es mit Elektrizität versorgen?“ Wenn die Hamas nicht mehr an der Macht sei, sei Israel auch bereit, humanitäre Unterstützung zu leisten.

Roet ist seit 35 Jahren Diplomat, doch eine Situation wie derzeit sei alles andere als normal. Er sei vor zwei Wochen nach Österreich gekommen. „Aber es fühlt sich so an, als wäre ich 1.000 Jahre hier“, erzählt er. Er sei angetreten, um die „starken Beziehungen“ zwischen Österreich und Israel noch weiter zu stärken. Es gebe viele Kooperationsmöglichkeiten von Jugend- und Kulturaustausch, Kampf gegen den Klimawandel bis Künstliche Intelligenz. Und Roet hofft, auch die Gelegenheit zu bekommen, das „wunderschöne Land Österreich“ zu sehen. (APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.