Die „extrem gefährliche“ Massenflucht der Menschen in Gaza

Eine palästinensische Familie hat Zuflucht in einer UN-Schule im Süden des Gazastreifens gefunden.
Eine palästinensische Familie hat Zuflucht in einer UN-Schule im Süden des Gazastreifens gefunden.APA / AFP / Mohammed Abed
  • Drucken

Hunderttausende Bewohner aus dem Norden des dicht bewohnten Palästinensergebiets sind Richtung Süden unterwegs. Israels Armee hat dafür einen sicheren Korridor versprochen. Doch die UNO warnt vor den Risiken.

Die Botschaft der israelischen Streitkräfte IDF war deutlich: „Nützen Sie das kurze Zeitfenster und fahren Sie nach Süden in Richtung Khan Yunis. Die IDF werden die Bewegungen auf diesen Straßen erlauben“, teilte Oberstleutnant Avihai Edrei auf Arabisch mit. Die Zeitspanne, die Israels Militär den Bewohnern von Gaza Stadt am Samstag einräumte, reichte von 10.00 bis 16.00 Uhr Ortszeit. Bis dahin sollten sie in dem vorge­ge­benen Korridor nach Süden fliehen.

Israel hat zur Evakuierung der nördlichen Teile des nur 360 Quadratkilometer großen Gazastreifens aufgerufen: Die Bevölkerung sollte sich in Sicherheit bringen – offenbar bevor die IDF hier noch massiver zuschlagen als schon bisher. Nach dem Massaker der Hamas in Südisrael mit mindestens 1300 Toten hat die israelische Regierung die Vernichtung der Terrororganisation angekündigt. Die israelische Luftwaffe flog seither schwere Angriffe im Gazastreifen, der von der Hamas beherrscht wird. Nach Angaben des Gesund­heits­ministeriums in Gaza starben bei dem Bombardement bisher mindestens 2200 Menschen. Und die israelischen Streitkräfte intensivierten am Samstag ihre Vorbereitungen für eine Bodenoffensive.

„Hamas will Zivilisten an Flucht hindern“

Mehr als eine Million Menschen leben im Norden des Gazastreifens, der nun geräumt werden soll. Hunderttausende Bewohner seien bereits in Richtung Süden unterwegs. „Wir sind uns im Klaren, dass das Zeit brauchen wird“, sagte ein israelischer Militärsprecher am Samstag. Die Hamas versuche, die Zivilisten an der Flucht zu hindern.

Zuvor war von UN-Organisationen Kritik an den Evakuierungsplänen laut geworden: Es sei nicht möglich, dass eine Million Menschen in so kurzer Zeit ihre Wohnungen verlassen – vor allem in einer Lage, in der die Versorgung zusammenbreche, hieß es. „Mehr als eine Million Menschen durch ein dicht besiedeltes Kriegsge­biet an einen Ort zu bringen, an dem es keine Nahrungsmittel, Wasser oder Unterkünfte gibt, während das gesamte Gebiet des Gazastreifens belagert wird, ist extrem gefährlich – und in einigen Fällen einfach nicht möglich“, schrieb UN-Generalsekretär António Guterres auf X/Twitter.

Verschanzt in Tunnelsystem

Für Israels Militär ist ein Einsatz im Gazastreifen kompliziert. Das Gebiet ist dicht verbaut. Hier leben mehr als zwei Millionen Menschen. Die Hamas hat Befestigungen und ein Tunnelsystem angelegt, in dem sie sich verschanzt. Zudem hat sie mehr als 100 Geiseln in ihrer Gewalt. Die Menschen waren beim Überfall der Terroristen auf Südisrael verschleppt worden. Die Hamas behauptete am Samstag, dass bei den israelischen Luftangriffen in den vergangenen 24 Stunden bereits neun Geiseln ums Leben gekommen seien – darunter seien auch vier Ausländer.

Der UN-Generalsekretär forderte die Hamas auf, alle Verschleppten sofort freizulassen. Und er stellte klar, dass Zivilisten nicht als menschliche Schutzschilde missbraucht werden dürften. Die Hamas scheint das jedoch nicht zu interessieren: Sie hat die Menschen im Gazastreifen aufgefordert, in ihren Häusern zu bleiben.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.