Liberal betrachtet

Wehret einer Zwei-Klassen-Strafverfolgung

Wer bei Politikern aus jeder Mücke einen Elefanten macht und mit der Lupe nach Ungereimtheiten sucht, erweist dem Rechtsstaat einen Bärendienst.

Wenn sich der ehemalige Bundeskanzler Sebastian Kurz diese Woche vor Gericht zu verantworten hat, dürfte es um mehr gehen als die inkriminierte falsche Beweisaussage. Schon die über hundert Seiten starke Begründung des Strafantrages lässt Besonderes erahnen. Strafanträge kommen bei minderschweren Delikten zum Tragen und sind – im Gegensatz zu Anklageschriften bei schweren Delikten – nicht begründungsbedürftig.

Gastkommentare und Beiträge von externen Autoren müssen nicht der Meinung der Redaktion entsprechen.

>>> Mehr aus der Rubrik „Gastkommentare“

Ein mehr als hundertseitiger Strafantrag ist in der österreichischen Justizgeschichte vermutlich eine Einmaligkeit. Dass allerdings in der Juristerei Quantität eine Qualität für sich sei – wie es Lenin in einem anderen Zusammenhang vermeinte –, ist oft ein Trugschluss. Wenn Juristen weitwendig formulieren, tragen sie eher nicht zur Klarheit bei. Sie werfen vielmehr Nebelbomben, die dem Leser den Blick trüben sollen. Verstärkt wird dieser Verdacht, wenn man sich die aussagepsychologischen Sentenzen des Strafantrags zu Gemüte führt: Da erfolgt eine pseudowissenschaftliche Verbrämung in Dissertationsausmaßen.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.