Quergeschrieben

Verstörende Freude über das Blutbad in Israel

Der Jubel über Massenmorde und Entführungen ist ein Missbrauch von Demokratie und Meinungsfreiheit. Auch das Relativieren und Abwiegeln nervt.

Noch waren in Israel die unter „Allahu akbar“-Rufen ermordeten und geschändeten Menschen nicht einmal beerdigt, schon kamen die Versteher und Verharmloser mit Relativierungsprosa und Whataboutismus daher. Wie der Typ im Kaffeehaus. „Na“, sagte er in die Runde und nickte, ergriffen von der Rafinesse seiner Argumentation, selbstgefällig mit dem Kopf: „Wenn wir schon über Terror reden, den gibt’s dort wie da. Weißt eh, wer Dr. Goldstein war?“

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Ja, weiß ich eh, Baruch Goldstein war ein jüdischer Rechtsradikaler, der 1994 am Grab des Patriarchen in Hebron 29 Palästinenser tötete. Abgesehen von rechtsextremen religiösen Spinnern verurteilte die überwiegende Mehrheit der israelischen Bevölkerung die Bluttat. Und mit den Worten, er sei als Israeli zutiefst beschämt, erwies der damalige Ministerpräsident, Yitzhak Rabin, dem palästinensischen Volk und dessen Führer, Jassir Arafat, seine An­teilnahme. Ein Jahr später wurde Rabin selbst Opfer eines Attentats. Der religiöse Fundamentalist Jigal Amir erschoss ihn aus Wut über die Osloer Friedensabkommen.

Goldstein und Amir: zwei furchtbare Verbrecher, gewiss. Aber, fragte ich den Typen zurück, kennst du auch alle Namen islamistischer Attentäter, die Busse, Bahnhöfe, U-Bahnen, Flughäfen, Zeitungsredaktionen, Konzerthallen, Kaffeehäuser, Synagogen, Kirchen, Menschen in die Luft gesprengt, mit Flugzeugen die Türme des World Trade Center zum Einsturz gebracht, Städte wie London, Paris, Brüssel, Madrid und Kopenhagen ins Chaos gestürzt, Schrecken und Tod auch in Wien verbreitet haben?

»Immerhin wurde auf dem Stephansplatz nicht, wie im australischen Sydney, „Gas the jews“ gebrüllt.«

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