Einstieg in einen Schmuggeltunnel im Gazastreifen,  daneben ein israelischer Soldat.
Gazastreifen

Das unterirdische Hamas-Labyrinth des Schreckens

Ein Hunderte Kilometer langes Tunnelsystem unter der Zone dient deren islamistischen Machthabern und ihren Kämpfern als Festung. Sind dort unten auch Zivilisten und Geiseln, wird es im Zuge der erwarteten Offensive Israels schwer zu stürmen sein.

In den Jahren 69 und 70 nach Christus, während der Wirren des ersten Vierkaiserjahres und des Beginns der Herrschaft Vespasians, hatten die Römer größte Mühe mit einem Aufstand der Bataver: Dieses besonders kriegstüchtige germanische Völkchen im Zentralraum der heutigen Niederlande sowie einige benachbarte Stämme zerschlugen zwei römische Legionen und eroberten Stützpunkte in der heutigen deutschen Region Niederrhein, bis sie von einer damals beispiellos großen römischen Heeresmasse allmählich überrannt wurden und kapitulierten.

Dabei machten die Römer freilich extrem unangenehme Erfahrungen: Die Bataver gruben getarnte Gräben und richtige Tunnels großer Länge, mit denen sie Feldstellungen, Kleinburgen und Höfe verbanden. Auf diese Weise schufen sie flächige Verteidigungszonen, die die Römer oft nur unter hohen Verlusten eroberten. Die Bataver konnten unsichtbar fliehen, römische Kolonnen praktisch aus dem Nichts auftauchend überraschen und sogar weit im Rücken der Angreifer erscheinen.

Interessanterweise bedienten sich zeitgleich die Rebellen im Ersten Jüdischen Krieg gegen die Römer (66 bis 70), noch stärker aber jene im ebenfalls jüdischen Bar-Kochba-Aufstand von 132-136 in Judäa ähnlicher Methoden. Tunnels und Höhlen unter oder nahe Siedlungen sowie im Freiland dienten als Orte der Zuflucht und Rast, fürs Lagern von Waffen und Proviant, Sammeln von Truppen und für Angriffe auf Römer. Wenn Letztere auf Tunneleingänge stießen, entzündeten sie meist Feuer mit besonders starker Rauchentwicklung, um die Leute im Untergrund zu ersticken oder ins Freie zu treiben.

Im Vorfeld des erwarteten Bodenangriffs auf den von der terroristischen Hamas-Miliz kontrollierten Gazastreifen stehen Israels Streitkräfte nun vor einer sehr ähnlichen taktischen Situation: Unter der schmalen, flachen, dicht bevölkerten Zone am Mittelmeer mit 365 Quadratkilometern Größe (Wien: ca. 415 km²) befindet sich großräumig ein System aus Tunneln und Kavernen verschiedenster Größen, dessen Komplexität, Größe und exakter Aufbau in Wahrheit unbekannt sind oder sein dürften — jedenfalls außerhalb des Hamas-Umfelds.

Darin könnten nun einerseits Zivilisten Zuflucht finden, doch ist zu erwarten, dass es vorrangig von der Hamas und verbündeten militanten Islamisten als mit Ausrüstung und Vorräten gefüllte Festung benutzt wird, als „U-Bahn“ oder „Arteriensystem“ zur Verteilung von Nachschub, Verlegung kämpfender Einheiten und als labyrinthische Ausgangsbasis für Ausfallsangriffe in den Rücken der israelischen Offensivkräfte bis hin ins israelische Grenzland selbst.

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